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und Brauch entstanden, welcher der Frauen Obcrklcid im Norden, in Ostgalizicn, in der Bnkowina, mit Gold- und Silberflütcr über­streut? Wer hat alle diese Frauen gelehrt, die Gürtel schürzen und stechten, die Perlbänder zum Halsschmuck fügen, die seidenen und goldenen Blumen in ihre schleierartigen Tücher weben? Nicht alle diese Sachen sedoch tragen den Schmnck der Schönheit, und nicht selten ist das Absonderliche, Derbe, ja Barocke unter diesen Arbeiten aufzufinden, wie da die Kopfputze zeigen, für Bräutigam und Braut, die langen, rothen Strümpfe und die schwarzdlaneu nicht minder, welche erst gestrickt, dann gefärbt, dann gewalkt und in die plumpen Falten gebracht werden, die nimmer vergehen. Hier wie überall treibt die Laune des Lebens und der Erfindung ihr un­berechenbares Spiel; Cultur, Schule und lebhafter Verkehr nach außen müßigen solche Laune, oder machen sie kommen und schnell vergehen. Wo diese drei Motoren fehlen, da wird sie leicht seßhaft, und dann sehen wir ihre Werke in Dingen, wie die obenge- nannten sind.

Naturgemäß verschwinden alle Arbeiten der weiblichen Haus­industrie, je mehr sich die Weltindustrie den Stätten nähert, an denen sie bisher geschaffen wurden. Alles nivcllirend' verwischt die Mode und ihr Gefolge den besonderen Charakter, der in Sitte, Tracht und llmgangsform die Völker von einander unterscheidet; manches von dem, was da durch Franenhand geschaffen wird, mag untergehen, vieles aber, ja das Meiste verdiente erhalten und benutzt zu werden, um daran zu lernen, um neues Leben in die weiblichen Industrie- arbeiten der Jetztzeit zu bringen, und denselben Originalität, Farbe, Licht, Kraft und Gehalt wiederzugeben, die der großen Masse seit Jahren abhanden gekommen. Wir müssen mit Achtung vor den Arbeiten stehen, die eine vielhundertjährige, geheimnißvotte Geschichte haben, und die Spuren einer feruhergcbrachten, längstverschwundenen Cultur an sich tragen. Jetzt, wo wir sie im Verblühen und Ver­schwinden sehen, sollten vor allem Frauen von gebildetem Geschmack und Kunstsinn sich die Technik dieser Arbeiten zu eigen zu machen, sie zu ftudiren suchen, damit die Werke, die seit Jahrhunderten nur durch