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ohne jeden Eintrag für den Dienst von Frauen versehen werden könnten, die die Staatsrechnungsprüfung mit Erfolg abgelegt haben. Die Besetzung solcher Stellen ist freilich ein Recht der Regierung, die in dieser Frage wohl noch lange einen conservativen Vorgang einhalten dürfte. Kurz, wohin wir blicken, können wir mit Be­ruhigung erkennen, dass die humanistisch-gebildete Frau den ihr gebotenen, freigewählten Beruf ganz vor­züglich auszufüllen in der Lage sein wird.

Wenn wir dieser Entwicklung unserer Frage folgen, so sehen wir nirgends eine Ueberfüllung, eine gefährliche Concurrenz der Frau, einige wenige werden einrücken in sich ergebende, ihnen zusagende Positionen, und der mächtige Fortschritt wäre geschehen. Hat die Frau das Recht und die Möglichkeit, aus einer Anzahl von Berufen einen für sich zu erwählen, so steht sie auf gleicher Stufe mit dem Manne, und die Selection der geistigen Kräfte ist auf beiden Seiten gleich.

In einem jüngst erschienenen Feuilleton*) propagirt Professor v. Schrötter wärmstens die Gymnasialbildung der Mädchen, und mit vollstem Rechte. Die positive Basis eines gründlichen umfassenderen Wissens würde den Gedanken und dem Charakter der Mädchen eine ernstere Richtung geben. Die hohle Bildung, der nur auf Flitter und Tand gerichtete Sinn würden einer höheren Gedanken­richtung, einem besseren Verständnisse des Lebens Platz machen, und gar mancher Mann, dem heute die schale

*)Neue Freie Presse, October 1895