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dadurch gleichzeitig, wie ein französischer Nationalökonom behauptet hat, ein Thor geöffnet hätte, von weichem aus das germanische Mittel- europa mit der Ueberzahl seiner Bevölkerung und dem Ueberschuß seiner Erzeugnisse sich den Orient erobern könnte, zwar nicht in absehbarer Zeit, wohl aber im Lause von zwei oder drei Jahrhunderten. Ist der pariser Frieden von den Engländern und Franzosen ausgenützt worden, so sollte durch den Berliner Frieden endlich auch Mitteleuropa in die Lage versetzt werden, seine Interessen im Orient wahrzunehmen und so lange die neuen Balkanstaaten innerlich und äußerlich noch nicht konsolidirt, so lange die europäische Türkei noch besteht, so lange Alein-Asien mit dem Wege von Trapezunt nach Teheran noch nicht in russischen, das Thal des Euphrat und Tigris noch nicht in englischen Händen, so lange hat Mitteleuropa noch die Aussicht, im näheren und ferneren Orient das Versäumte nachzuholen, wenn es die Bedeutung seiner Macht- und Stellungnahme erkennen und nützen gelernt hat. Jenen weiten zwischen den russischen und englischen Besitzungen gelegenen vorder- und mittelasiatischen Ländern die politische Unabhängigkeit zu erhalten und wirth- schastspolitische Aräftigung angedeihen zu lassen, gehört zu den großen Zielen mitteleuropäischer Wirtschaftspolitik.
Nun führt der Weg von Deutschland nach dem Grient über Gesterreich-Ungarn und dorthin war der Reichskanzler im Jahre s879 gegangen. Das politische Bündniß ward rasch geschlossen, das wirth- schastliche dagegen erheischte langwierige Vorbereitungen und', sollte es eng und fest werden, eine Uebereinstimmung der wirthschastlichen Einrichtungen, vor Allen: die Einführung des Tabakmonopols auch im Deutschen Reiche, aus welche nachdrücklich, wenn auch erfolglos, hin- gestrebt worden ist. Vorher hatte man sich in Wien bereits ernstlich mit der Gründung eines Zollvereins zwischen Gesterreich-Ungarn und den Balkanländern unter Ausschluß der eigentlichen Türkei beschäftigt. An wirthschastlichen Schwierigkeiten scheiterte vorerst das deutsch-österreichische, an politischen Hemmnissen das österreichisch-orientalische Zollvereinsprojekt. Allzu scharf kreuzten sich noch die wirthschastlichen und politischen Interessen und es wird geraumer Zeit bedürfen, bis höhere Gesichtspunkte sie von ihrer Gemeinsamkeit überzeugt haben werden. Durch eine kluge Wirtschaftspolitik sollte Preußen zum Träger des Zollvereins und zur Vormacht Deutschlands werden. Noch größere Erfolge scheinen dem Deutschen Reiche aus gleichem Wege zu winken. So hohe Ziele werden freilich nicht beim ersten Anlaufe, nicht einmal in einem Menschenalter erreicht. Erforderlich ist indeß, daß man sich ihrer allezeit bewußt bleibe, sowohl inmitten der inneren Parteikämpse wie im Getriebe der hohen Politik.