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Nach dem Orient! : Donauwärts - die Orientbahnen - zur See
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Bei der Erörterung solcher Gedanken liebt man es in Deutsch­land, allzusehr die großen Schwierigkeiten des Weges hervortreten zu lassen, anstatt das größere Ziel selbst näher vor Augen zu führen. Das heißt denn doch, die eigenen Aräste, noch ehe sie erprobt worden, unterschätzen. Von der kühnen Aolonialpolitik der westeuropäischen Länder in früheren Zeiten zu geschweigen, sollten doch die wirthschafts- politischen Thaten und Erfolge anderer Völker aus jüngster Zeit die Deutschen zur Nachahmung anspornen. Vermag auch Deutschland noch nicht ebenbürtig mit dem Aapital und Unternehmungsgeist Englands in die Schranken zu treten, so ist es doch gewiß zur Schaffung von Werken fähig, wie sie beispielsweise Lesseps zum Ruhm und Nutzen der Franzosen unternommen. Wenn unter den jetzigen günstigen Verhältnissen Deutschlands Überschüsse an Intelli­genz, Arbeit und Aapital im Grient keinerlei Verwendung finden, so würde daraus zunächst die bedauerliche Thatsache zu folgern sein, daß breite entgegenstrebende Strömungen im deutschen Volke, besonders die ängstlichen Theoretiker und die kapitalistischen Praktiker, noch immer nicht zu überwinden sind. Erstere halten sich nicht immer Fallmerayer's mehr als je berechtigten Mahnruf vor:Unsere Zeit will die That und nicht die unfruchtbare Idee und das leere Wort, wie es von jeher in Deutschland üblich war". Letztere sind, soweit sie der Börse angehören, von vornherein keine Freunde weitausschauender Unternehmungen, deren reifste Früchte vielleicht erst der kommenden Generation zufallen und möchten am Liebsten schon morgen ernten, wo sie heute kaum gesäet haben. Aus den deutschen Börsen weiß man wenig von deutschem, wirthschasts- politischem Nationalbewußtsein und deutschem Welthandelsgeist. Noch immer überwiegen dort Differenzspiel und Agiotage. Ein Appell an die deutschen Börsen von heute und an ihr Publikum um Betheiligung in deutschen produktiven Unternehmungen im Auslande würde ungehört verhallen. Die sogenannte hohe Finanz verbindet sich schon seit längerer Zeit bei allen größeren Finanziirungen u. dgl. zu internationalen Gruppen ohne jede Rücksicht auf Patriotismus und Staatsange­hörigkeit. Mit Hülfe der übrigen Bärsenwelt schaltet sie auf dem Geld­markt nach ihrem Gutdünken und zu ihrem Interesse und Gunsten, und scheut sich nicht, deutsches Geld selbst deutschfeindlichen Staaten zuzuführen, wenn eine hohe Provision lockt. Mehr und mehr sondert sich von diesem Börsengetriebe der reelle Großhandel ab, welcher im Uebrigen, bedächtig und konservativ, wie er ist, gern an bestehende Beziehungen zur Weiterentwicklung anknüpft und wendet sich ungern nach Gegenden, die ihm leider nur zu unbekannt sind, zumal er vor-