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Zweiter Theil
Entstehung
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reckt sich aber mächtiglich und sendet ihre strahlenden Zweige frucht- bchangen weit hinaus. Er vergleicht seine Geliebte mit dem Kö­nig der Bäume:Sie ist wie eine Palme schlank"; er vergleicht mit ihr sein Weib, die Mutter seiner Kinder:Sie ist so frucht­bar wie die Palme!" ja, er kennt die ganze Wichtigkeit der Palme, das beweist schon der herrliche Mythus, den sein dichteri­scher Geist erschuf. Nur wenig Worte hat ihm sein Khorahn über­liefert *') und aus diesen wenigen Worten entstand eine liebliche Sage, aus einigen Fäden ein schimmerndes Gewand. Und wie immer, so auch hier, hat er auf die unerforschten Geheimnisse der Natur gelauscht und mit getreuer Benutzung Dessen, was er betrach­tet, eine anmuthige, freundliche Erzählung gegeben, wie es kam, daß der Palmcnbaum jetzt Früchte trägt, Früchte, die das Gebet einer Frau ihm geschenkt:

Die von dem Mahammedancr so hoch verehrte Jungfrau Maria langt mit ihrem Kindlein auf ihrer Flucht nach Egypten in dem Palmcnlande an. Nebcrstandcn ist der größte Theil der mühseligen Reise der Armen, aufgezehrt aber auch ihre Nahrung; und geschwächt von dem Wüstenwcgc, verbrannt von den Strahlen der nie verhüllten Sonne, mit versengten Füßen, denen der glü­hende Sand bei jedem Schritte neue Schmerzen bereitet, bricht sie in einem Palmcnhaine müde und kraftlos, hungernd und dürstend zusammen. Doch nicht verzweifelnd richtet die hohe Frau ihre Blicke nach Oben; ihr klares Auge fleht fromm zu dem ewigen Va­ter, zu dem Beschützer der Ermatteten, Kranken und Hülflvsen und er, der Allgütige, erhört Las Gebet der beängstigten Seele der verschmachtenden Frau."

Siehe, zwischen den langgestieltcn Blättern hervorbricht eine

*) Sure 19, Vers 2326:Einst befielen sie (die heilige Marie) die Wehen der Geburt bei einem Palmenbaume, da sagte sie: O wäre ich doch längst gestorben und ganz vergessen! Da rief eine Stimme unter ihr: Sei nicht betrübt, schon hat der Herr zu Deinen Füßen ein Büchlein fließen lassen und schüttle nur an dem Stamme des Palmenbaumes und es wer­den reife Datteln auf Dich herabfallen, die werden Dich nähren und trän­ken nnd Deine Thränen trocknen-"