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keimende Schote und zeigt zerspringend der Hoffenden die goldene Blüthentraube der Dattel. Und die Knospen werden zu Blüthen, die Blüthen fallen ab und überschütten sie mit ihrem goldenen Samenstaube und wo sie abgefallen, schwillt es und wächst es; an der Stelle, wo sie geblüht, hängen grüne Früchte, die sich in wenig Augenblicken purpurn färben und neues Wachsthum fördert die Reife. Ehe die Heilige noch an Erhörung geglaubt, sind die Früchte gereift und saftig und süß; nährend und tränkend zugleich, fallen sie der durstigen Frau in den Schoos und erquicken sie und ihr Kindlcin."
Aus der sinnigen, dichterischen Auffassung dieser Sage erkennt man leicht, wie sebr der Araber seine Palme zu würdigen weiß. Aber sie ist ihm auch sehr wichtig. Während ihm die Frucht die Zeit der Reife hindurch in manchen Gegenden fast das einzige Nahrungsmittel liefert, ist sie getrocknet ihm unentbehrlich auf seinen Reisen; selbst seine Hunde fressen sie gern. Getrocknete Datteln kann man Jahre lang aufbewahren; frisch in Zicgcnhäute gepackt und gepreßt, halten sie sich nicht so lange, bleiben aber saftiger und wohlschmeckender; in Zucker eingesotten ist die Dattel ein unübertrefflicher Leckerbissen. Die Blüthe der Palme fällt in die Monate April und Mai. Es giebt Bäume, welche nur männliche und andere, welche nur weibliche Blüthen hervorbringen; deshalb muß der Araber die letzteren durch die ersteren künstlich befruchten. Die männliche Blüthe ist eine prachtvolle goldgelbe Traube mit reichlichem Samenstaube. In den Monaten August, September und Oktober beginnt die Reife der Datteln. Ein einziger Baum ist oft mit zwanzig Fruchttraubcn beladen, von denen jede durchschnittlich wenigstens fünfzehnhundert Datteln trägt. Man kennt gegen vierzig verschiedene Dattclsortcn.
Ist nun schon die Frucht der Palme wichtig, so ist es eben so sehr der Baum selbst. Nicht ein Stückchen verliert der Araber unbenutzt von ihm. Er spaltet die einzelnen Blätter, um Körbe und Matten aus ihnen zu flechten, verarbeitet seine Blattstiele (Djeried) zu „Khafaß", dreht seine Fasern zu Stricken, klopft
*) DaS bedeutet „das Entlaubte." Von derselben Wurzel ist