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Zweiter Theil
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Zeitpunkt, wann der Nil zu steigen anfange, fast bis zur Mi­nute auszurechnen wüßten." Es sei der 17. Juni. Die Araber gaben diesem Tage, oder vielmehr dieser Nacht, den Namen:Tei­let ei nukktlm," die Nacht des Tropfens. Jeder, der darüber nachgedacht, wie das Steigen und Fallen des Nil sich zutragen kann, und nur einigermaßen die Gesetze der Natur berücksichtigt hat, sieht das Ungereimte einer solchen Behauptung leicht ein, auch ohne die wahren Ursachen des veränderlichen Wasserstandes des Ricsenstro- mes zu kennen. Wir wissen, daß der Nil durch das im Sudahn und in Abyssinicn während des Charief oder der Zeit der tropischen Gewitterregen aus den Wolken herabstürzende Wasser geschwellt wird. Der, welcher nur einen tropischen Regenguß ge­sehen hat, kann beurtheilen, daß während des Charief genug Was­ser auf die Erde fällt, um selbst dem Nil eine zehnmal größere Wassermenge zu ertheilen, als er in seinem niedrigsten Stande be­sitzt. Man kann wohl annehmen, daß der Nil überhaupt sein Be­stehen nur den tropischen Gewittern zu verdanken hat, denn diese sind es, welche alle in der trockenen Jahreszeit fließenden Quellen gespeist haben. Aber so wenig man in Europa den Tag voraus- bestimmcn kann, an dem sich ein Gewitter entladet*), ebenso we­nig kann man es bei den Regengüssen der Tropen. Wenn man also nun die Ursachen nicht berechnen kann, wie ist man iin Stande, die Wirkung genau anzugeben? Die Regenzeit des Ost-Sudahn tritt in gewissen Monaten ein, folglich muß auch das Steigen des Nil während einer gewissen Periode beginnen, und diese trifft in der That für Egypten in die Mitte oder das Ende des Juni.

Im Anfange geht das Steigen des Stromes sehr langsam, je mehr er aber an Größe zunimmt, desto schneller steigt er auch. Zuletzt, d. h. gegen die Mitte des September, steigt der Nil täg­lich mehrere Zolle. Schon zu Ende Augusts tritt er an mehreren

*) Ich brauche hier wohl nicht zu erwähnen, daß die Annahme,ein Gewitter hundert Tage nach einem Märzennebel zu bestim­men," nur höchst problematisch sei» kann. lleberdieß bezieht sich eine der­artige Annahme auch bloß auf die Gegend, in welcher der Nebel sichtbar gewesen ist.