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ihre Mühe forderte sie vom Staate keine Belohnung, wie man damals den Gehalt nannte. Sie wollte sich mit dem Kostgelde von 200 fl. für jedes Mädchen als Jahresguote begnügen? Der Staat hingegen sollte den Normallehrer und den Tanzmeister besolden, dann eine freie Wohnung vielleicht in einem Hause einer Vor­stadt Wiens beistellen.

Dieser Plan gefiel dem Kaiser. Er sandte ihn dem Grafen Kolowrat mit der Entschließung zu:Diese Person scheint Fähig­keiten zu haben, es wäre nur vorzuschlagen, wie diese Absicht erreicht und vermehrt ihr Vorschlag werden könnte."

Es überrascht förmlich, wie schnell der Kaiser Luzacs Aner­bieten entgegengekommen ist, ja sogar sich bereit zeigt, ein Meyreres und Übriges zu thun. Das hatte aber seine guten Gründe.

Für die Bildung der Mädchen ist im großen und ganzen während des verflossenen Jahrhunderts hierzulande wenig geschehen. Endlich musste der Anlauf zu einer höheren Bildungsstätte genommen werden, und das umsomchr, als schon zu den Zeiten Maria Theresias in der Stadt Wien viel Französisch getrieben wurde, in den Klostcrschulen sogar mit einer Sorgfalt,so dass die Kaiserin sich veranlasst sah, in dieser Beziehung eine Weisung geben zu lassen, dass die Mädchen, um die französische Sprache gut zu erlernen, die deutsche nicht vergessen oder vernachlässigen sollen". Unter der Regierung Kaiser Josefs ist in vielen Kreisen Wiens die Liebe für das Französische nicht geringer, sondern eher größer geworden, ein Umstand, mit dem man endlich rechnen musste. Dass viele Kinder der vornehmen Stände im Auslande ihre Bildung erhielten, ward schon längst nicht gern gesehen. Hofmeister und Gouvernanten, die von Frankreich nach Wien kamen, entpuppten sich nicht immer als die sittlichsten Charaktere. Eine höhere Töchter­schule zu errichten, die einigermaßen die Hofmeister und Gouvcr-

*) Das Project einer höheren Töchterschule von G. Wolf, S. 6.