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lehrers darf nicht blaß Unterricht für den Verstand, sondern muss vielmehr Bildung des Herzens, des Willens und der Gesittung sein. Der Vortrag bei dem Religionsunterrichte muss auf der Ober­stufe daher eine Form annehmen, die sich vorn Philosophieren und Thcologisieren über Religion fern hält.

Etwas mehr erfährt man über die Behandlung der profanen Gegenstände. Diese Mittheilungen sind freilich vorsichtig aufzunehmen. Der Leser muss sich hüten, vorschnell einen Schluss vom Einzelnen auf das Allgemeine zu ziehen und bedenken, dass viele dieser An­schauungen ganz individueller Natur sind, Ansichten und Meinungen des jeweiligen Schulenobcraussehers. Auch darf nicht übersehen werden, dass manche Winke und Rathschläge bloß durch einzelne Fälle hervorgerufen, aber allgemein ausgesprochen worden sind.

Diese Anschauungen, die da zum Ausdruck kommen, sind für die Geschichte der Pädagogik und speciell für die Geschichte der Methodik von großen: Werte; sie zeigen, wie auch aus dem Gebiete der Lehrgänge, Lehrformen und der Unterrichtsbehelfe das Bessere, das Zweckmäßigere sich allmählich Bahn bricht; sie lehren, dass der so oft citierte Satz:Die Methode sei frei", nicht von all­gemeiner Giltigkeit sein könne, sondern dass den Lehrern und Lehrerinnen nur frei stehe, von den anerkannt guten Methoden, die ihnen am besten zusagende zu wühlen; und da das Civil-Mädchen- Pensionat zu den wenigen Anstalten unseres Vaterlandes gehört, welche dem weiblichen Geschlechte schon im ersten Viertel unseres Jahrhundertes eine weit über die Normalschule Hinausreichende Bildung vermittelten, so haben diese Bemerkungen umsomehr Interesse, als sie deutlich erkennen lassen, worauf man in: Unterrichte und der Erziehung dieser Mädchen seinerzeit den größten Wert gelegt hat.

Die Art und Weise, wie man die Zöglinge in die Haus­wirtschaft einzuführen suchte, erscheint uns gegenwärtig etwas befremdend. Von dem zweiten Semester 1816 an mussten wechsel­weise die acht ältesten Zöglinge, jedesmal zwei durch eine Woche