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Die Zöglinge legten die Schönschriften, die Aufsätze, die Zeichnungen und die weiblichen Handarbeiten vor. Diejenigen Schülerinnen, welche sich durch besonderen Fleiß ausgezeichnet hatten, wurden bei der Prüfung den Anwesenden bekannt gegeben und erhielten Bücher als Belohnung. Sr. Majestät musste jedes­mal über die Erfolge dieser Prüfungen und die etwaigen Wahr­nehmungen Bericht erstattet werden.

Theils zur Gemüthsbildung der Zöglinge, theils zur Be­lebung des Unterrichtes, nahm man schon zu Luzacs Zeiten die Lectüre in den Dienst. Das Verzeichnis der Jugendschristen aus dem Jahre 1787 führt folgende Schriften an: Salzmanns Elementarwcrk, Kampes Kinderbibliothek, Weisses Kinderfreund, Schröcks Weltgeschichte für Kinder, Rasfs Geographie und dessen Naturgeschichte für Kinder, Kampes Seelenlehre, Zürchs biblische Erzählungen, Heß' Lebensgeschichte Jesu, Gellerts Schriften, dann Mädchenglück und Mädchenwert.

Zur Nachfchassung von Werken für diese Jugendbibliothek sollten jährlich 12 fl. verwendet werden. *)

Bei der Fülle von Disciplinen, welche gegenwärtig die Pen- sionatszöglingc zu treiben haben, bleibt wenig Zeit übrig, um sich eingehender und anhaltender mit der Jugendlcctüre beschäftigen zu können. Ganz unberücksichtigt aber bleibt dieses vorzügliche Bildnngs- nnd Erziehungsmittel auch heutzutage nicht. An den Abenden, an denen die Obervorsteherin die älteren Zöglinge um sich versammelt, liest sie selbst mit ihnen die großen Meisterwerke unserer deutschen Dichterfürsten, wie Tell, die Jungfrau von Orleans, Minna von Barnhelm, u. dgl. Diese Art, die Lectüre in den Dienst der Er­ziehung zu nehmen, wo zugleich der Unterricht in der Literatur eine sehr wertvolle Unterstützung erhält, bewährt sich in ganz vor­züglicher Weise.

*) Act. d. Pens. Nr. 1 sx 1787.

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