IV

das findet, was in der Frau lebendig ist. Und ich weiß, daß jede Frau das kühl läßt was sie nicht mit ihrem Herzen versteht. Da aber wo sie liebt, versteht sie weit tiefer und inniger als der Mann. Und wenn es mir gelungen ist zu zeigen, daß jene Wahrheiten für das was sie liebt, für den Mann und die Kinder, Werth hat, dann glaube ich mit Ihnen daß ich es nicht scheuen darf, auch dieses kleine Bild der Öffent­lichkeit zu übergeben; dann glaube ich, daß doch zuletzt eine Zeit kommen wird, wo die Bildung der Frau für das Haus sich kühn neben ihre Bildung für die Welt stellen, und wo auch die Frau schon in ihren Töchtern erkennen und lehren, wird, daß das Glück unseres kurzen und ruhelosen Lebens nicht in der Gleichheit des Verschiedenen, sondern in der Harmonie desselben zu suchen ist. Und wenn Sie freundlich auf­nehmen und mit Ihrem Herzen verwerthen was ich bringe, so verstatten Sie mir noch die letzte Bemerkung, daß Sie mir damit auch meine eigene Wissenschaft, die Nationalökonomie, aus einer werthvollen zu einer lieben machen. Denn das Auge der Frau ist zuletzt für jede Wissenschaft der Sonnenblick, der den nützlichen Acker den wir bebauen, mit den Blumen schmückt die wir ihr zum Kranze winden.

Wien, Mitte März 1875.

lw. Lorenz v. Stein.