I.

Es ist ein theures Vorrecht unseres Jahrhunderts, un­sere Frauen nicht bloß zu lieben und zu verehren, wie es wenigstens ein Theil der Vergangenheit gethan, sondern auch über sie nachzudenken. Fast scheint es uns, als ob das specifische Moment unserer Zeit, die nur das wahrhaft zu besitzen glaubt was sie weiß und begreift, auch auf die Frauen, ihr Leben und ihre innerste Eigenthümlichkeit seine Gewalt erstrecken wolle. Haben wir Recht oder Unrecht darin, daß wir auch auf diesem Punkte mit der Arbeit des Geistes das zu messen versuchen, dem wir uns mit der Hingabe des Herzens so gerne unterwerfen?

Noch weniger wage ich eine Antwort auf die zweite, vielleicht wichtigere Frage. Was wird die Frau selbst dazu sagen, wenn sie Gegenstand der Wissenschaft wird? Und vor Allem der Wissenschaft, welche, selbst der Maßstab für die eine ganze Hälfte aller menschlichen Dinge, ohne ihren eige­nen Maßstab nicht gedacht werden kann, der Wissenschaft des Güterlebens? Wird die Frau es ertragen, daß sie für den Mann auch noch einen anderen Werth empfängt als den, den ihr seine Liebe gibt? Wird sie es dulden, daß ich auf sie, für die ich Alles hingebe, die trivialen Begriffe

Stein, Die Frau auf dein Gebiete d. Nationalökonomie. I