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des stark geheizten Ofens trockneten, fast rösteten und darnach Entschädigungsansprüche stellten, welchen aber von Seite der Händler nur theilweise entsprochen werden konnte.

Aus alledem können wir die Schwierigkeiten beim Seidenkauf ersehen, die oft zu hitzigen Erörterungen, zu Streit und Zank führten, und kann man sich leicht die Befriedigung und Freude vorstellen, welche die Nachricht in den betreffenden Kreisen hervorrief, dass dem Uebelstande der Unsicherheit des Gewichtes durch die mit glücklichem Erfolge ins Leben gerufenen Conditionirungsanstalten in Lyon, St. Etienne, Mailand, Turin, Crefeld etc. abgeholfen sei.

Ueber Conditionirung der Seide gibt die umfangreiche, aus 350 Grossquartseiten bestehende Monographie de Ja Condition des soies de Lyon par M. Andrien Perret, Directeur de la Condition des soies de Lyon, publicirt zu Lyon 1878 im Aufträge der Lyoner Handels­kammer, ebenso lehrreichen als interessanten Aufschluss.

Bevor wir uns mit der immer lebhafter gewünschten Realisirung einer solchen Trocknungsanstalt in Wien befassen, wollen wir der vielen anerkennungswerthen Bemühungen des Niederösterreichischen Gewerbevereines zu Gunsten der Seidenindustriellen Oesterreichs ge­denken und sind der Meinung, dies am besten dadurch zu tliun, dass wir aus der rühmlich bekannten Festschrift des Vereines:Fünfzig Jahre gewerblicher Bestrebungen zur Feier des fünfzigjährigen Jubi­läums, Wien 1890, Dasjenige citiren, was auf die Conditionirung der Seide Bezug hat, wobei wir jedoch vorausschicken, dass Herr Ch. G. Hornbostel, ein ausgezeichneter Mode-Seidenwaarenfabrikant in Wien, der Erste war, welcher die in Frage stehende Angelegenheit im Niederösterreichischen Gewerbevereine mit nachstehender Motivirung zur Sprache brachte:

Der Käufer von Seide wurde, wenn die Seide durch Feucht­werden oder Feuchtmachen an Gewicht zunahm, in seinen Interessen arg beeinträchtigt. Die Seide kostete damals (1840) fl. 818 Con­ventionsmünze per Wiener Pfund; da in Wien jährlich circa 6000 Ballen ä 100 Pfund verarbeitet wurden, betrug ihr Werth über fl. 8,000.000 Conventionsmünze und die Summe, die solchergestalt anstatt für Seide für Feuchtigkeit ausgegeben wurde, war sehr bedeutend. Solchen Uebelständen zu begegnen, waren im Auslande unter Autorität der Behörden Seidentrocknungsanstalten errichtet worden, wo die Seide nach dem Kaufabschlüsse getrocknet und auf ihr wirkliches Gewicht