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geprüft wurde; so bestanden in Lyon, St. Etienne die Conditions publiques, in Turin seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts die Stagionatura della seta. In der letzteren Anstalt wurde in der Regel ein Gewichtsverlust von 23°/ 0 ausgewiesen; wenn in Wien, wo die Seide keiner Controle unterzogen wurde, auch nicht mehr Feuchtigkeit in der Seide enthalten war, wurden doch jährlich minde­stens fl. 160.000 für blosse Feuchtigkeit verausgabt. Diese Erwägungen führten den Verein schon im ersten Jahre seines Bestandes über An­regung Hornbostels zur Bestrebung, auch in Wien eine solche Seidentrocknungsanstalt zu errichten.

Die schon im ersten Jahre des Vereinsbestandes begonnenen Untersuchungen über die verschiedenen Systeme der Seidentrocknung lassen Talabots Verfahren als das beste erscheinen. (Dieses Verfahren besteht darin, dass jedem Ballen drei Lose entnommen, in einem durch Dampf auf 102° C. erwärmten Apparate zur absoluten Trockenheit gebracht und sohin im Apparate selbst auf einer sehr empfindlichen Wage gewogen werden.) Um den Antrag an die Staatsverwaltung auf Gründung einer Seidentrocknungsanstalt nach diesem Verfahren sachlich begründen zu können, schaffte der Verein einen solchen Apparat selbst an und nahm Versuche im Vereinslocale vor, die befriedigende Resultate ergaben, und richtete nun der Verein an die Staatsverwaltung die Bitte um Einführung einer Trocknungsanstalt (Stagionatura) nach dem TalaboUschen Systeme und um die Be­stimmung, dass die Trocknung der Seide bei jedem Verkaufe obligat durchzuführen sei. Sollte der Staat nicht geneigt sein, die Verwaltung einer solchen Anstalt selbst zu übernehmen, so möge er dem Vereine gestatten, sie selbst unter seinen Schutz zu nehmen und ihre Errichtung auf Kosten und unter Leitung seiner Mitglieder durchzuführen. Wenn die Staatsverwaltung die obligate Trocknung als unzulässig betrachte, möge sie die freiwillige empfehlen, in welchem Falle jedoch unerlässlich wäre, dass den auszustellenden Wagzetteln die nöthige Giltigkeit ver­liehen werde.

Der Bescheid der Landesregierung fiel ablehnend aus; die Regierung erachtete die Errichtung derselben als Staatsanstalt den bestehenden Industriegesetzen widersprechend. Die Antragsteller trachteten deshalb, die Anstalt unter dem Schutze des Niederösterreichischen Gewerbe­vereines privat zu gründen und zu erhalten und wurden zu diesem Zwecke Sammlungen unter den Interessenten veranstaltet.

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