OSTRAUER MINERALÖL-RAFFINERIE

MAX BÖHM & CO.

PfUVOZ IN MÄHREN.

ieses Etablissement, das erste und einzige seiner Art in Mähren, befindet sich in unmittelbarer Nähe des Bahnhofes Mährisch-Ostrau der k. k. priv. Kaiser Ferdinands-Nordbahn, etwa zehn Kilometer von dem Eisenbahnknotenpunkt Oderberg entfernt. Das Fabriksterrain gehört zum Territorium der poli­tischen Gemeinde Privoz im Südwesten der Stadt Mährisch-Ostrau und ist mit dem Bahnhofe durch ein eigenes Geleise verbunden.

Das Etablissement wurde im Jahre 1889 von dem gegenwärtigen Mitbesitzer Dr. Max Böhm unter comman- ditärer Betheiligung der Firma M. Thorsch Söhne in Wien gegründet. Der Grund und Boden, auf welchem sich heute die Raffinerie erhebt, war in seiner Ausdehnung von mehr als 80.000 Quadratmetern beim Ankauf nur sumpfiges Weideland, welches durch Anschüttungen und Planirungen in den entsprechenden Zustand gebracht werden musste. Nach Beendigung dieser Vorarbeiten konnte erst mit dem Bau der Fabrik begonnen werden, doch wurde derselbe so rasch durchgeführt, dass schon im August 1890 die Raffinerie in Betrieb kam. Die ursprüngliche Anlage besass eine verhältnismässig bescheidene Ausdehnung, sie bestand aus 4 Destillir- und 2 Rückstandskesseln, 7 Reservoirs, 2 Petroleum- und 3 Oelagitateuren nebst den nöthigen Gebäuden, Werkstätten etc. Ihr Umfang wurde jedoch all­jährlich ein ansehnlicherer, und mit der Vergrösserung desselben hielt natürlich auch die Erweiterung des Absatz­gebietes gleichen Schritt. Die Ausbreitung des Unternehmens erhellt insbesondere aus dem stetigen Steigen des Wagenverkehres auf dem der Fabrik gehörigen Schleppbahngeleise, welches eine Gesammtlänge von circa i - 5 Kilo­meter besitzt. Im ersten Jahre betrug derselbe 2000 beladene Waggons, im Jahre 1897 überstieg deren Zahl 10.000. Der eigene Fahrpark der Fabrik besteht aus 200 Kesselwaggons, die je 120150 Hektoliter Fassungsraum besitzen.

Zum Betriebe der Gesammtanlage dienen 3 grosse Dampfmaschinen, welche auch die 2 Dynamomaschinen zur elektrischen Beleuchtung der ganzen Fabrik bedienen. Ueberdies sind 11 direct wirkende Dampfpumpen und 70 Reservoirs mit einem Fassungsraum von 200 bis zu 40.000 Hektoliter pro Reservoir vorhanden. Der zum Betriebe der einzelnen Maschinen sowie für die sonstigen Zwecke verwendete Dampf wird von 5 Dampfkesseln mit zusammen über 600 Quadratmeter Heizfläche erzeugt.

Die Ostrauer Mineralöl-Raffinerie war das erste aussergalizische Etablissement, das sich bei seiner Gründung die ausschliessliche Verarbeitung galizischen Rohöles zur Aufgabe gemacht hatte. In den ersten Jahren war allerdings die galizische Rohöl-Production noch nicht genügend entwickelt, um entsprechende Rohöl-Quantitäten für ausser­galizische Raffinerien disponibel zu haben. Es musste daher bis zum Jahre 1894 nebst galizischem auch russisches Rohöl verarbeitet werden. Mit der Zunahme der galizischen Rohöl-Production gieng das Etablissement dann zur ausschliesslichen Verarbeitung galizischen Rohstoffes über, und die Ostrauer Raffinerie war diejenige, welcher es vor allen anderen Petroleumfabriken gelang, eine vollständig rationelle Verarbeitung des galizischen Rohstoffes und seiner Nebenproducte im grossen Maasstabe durchzuführen. Während bis zum Jahre 1892/93 allgemein die Ansicht bestanden hatte, dass nur der kaukasische Rohstoff geeignet sei, tadellose Schmieröle zu liefern, gelang es der Ostrauer Raffinerie schon damals, vollkommen gleichwerthige Producte von Spindel- und Maschinenölen aus galizischem Rohstoffe zu erzeugen. Auch in Bezug auf kältebeständige Eisenbahnöle wurde das früher bestandene Vorurtheil, als ob derartige Erzeugnisse nur aus kaukasischem Oele herzustellen wären, gebrochen; die Ostrauer Raffinerie liefert seit Jahren an die meisten Eisenbahnen Achsen- und Maschinenöle aus galizischem Rohstoffe zur vollsten Zufrieden­heit und ohne jeden Anstand. Ebenso gelang es, den Consum davon zu überzeugen, dass das aus galizischem Rohstoffe gewonnene Petroleum in keiner Weise hinter den aus dem Auslande importirten Sorten zurückstehe. Als im Jahre 1896 die galizische Production sich in ungeahnterWeise hob, fand seitens einiger österreichischer Raffinerien, deren geographische Lage dies zuliess, ein nennenswerther Export von raffinirtem Petroleum nach Deutschland und der Schweiz statt, an welcher Ausfuhr sich das Ostrauer Etablissement ebenfalls in hervorragenderWeise betheiligte. Die nachstehende Zusammenstellung zeigt die Steigerung der seitens der Ostrauer Petroleumfabrik in den einzelnen Jahren abgesetzten Mineralölproducte, sowohl an Petroleum als an den verschiedenen Nebenerzeugnissen und ins­besondere die hievon exportirten Mengen.

Die Gross-Industrie VI. * 2

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