Eine bedeutsame Phase für die Entwickelung der österreichischen Petroleum-Industrie begann mit dem Jahre 1895, in dessen letztes Quartal der seitherige grosse und überraschende Aufschwung der galizischen Erdöl- production fallt. In jener Zeit entstand die »Schodnica«-Actiengesellschaft für Petroleum-Industrie, an welcher Unternehmung nebst der Anglo-österreichischen Bank und anderen Consorten, die Besitzer der Pardubitzer Mineralöl- Raffinerie in hervorragender Weise betheiligt sind. Die mächtigen, ausserordentlich ergiebigen Gruben dieser Gesellschaft hatten in erster Reihe Theil an dem rapiden Anwachsen der inländischen Rohölproduction. Diese stetige Zunahme der Production, welche nunmehr zur Deckung des inländischen Bedarfes fast ausreichte, gab der Leitung der Pardubitzer Raffinerie bald Veranlassung, ihren Erzeugnissen auch im Auslande ein Absatzgebiet zu schaffen, und es wurden zunächst Deutschland und die Schweiz für den Export von raffinirtem Petroleum, Maschinenölen und Benzin in Aussicht genommen. Um der einmal gefassten Idee rasch die That folgen zu lassen, wurden zunächst mit den Rohölproducenten hierauf abzielende Verhandlungen gepflogen, sowie mit den verschiedenen Eisenbahn­verwaltungen behufs Erzielung entsprechender Frachtsätze Fühlung genommen, seitens welcher Interessenten die Möglichkeit der Realisirung der Exportbestrebungen indes vielfach heftig angezweifelt wurde. Gleichwohl liessen sich die Inhaber der Pardubitzer Raffinerie in ihrem Vorhaben nicht wankend machen, sondern schritten unentwegt an dessen Ausführung.

Schon im Jahre 1895 konnte die Pardubitzer Mineralöl-Raffinerie als die erste und durch einige Zeit einzige Repräsentantin der Exportirungsbestrebungen der österreichischen Petroleum-Industrie mit der Ausfuhr ihrer Erzeugnisse nach dem Auslande beginnen und hatte bald die Genugthuung, auch andere Raffinerien ihrem Beispiele folgen zu sehen. So muss also dieser Firma das Verdienst zugesprochen werden, der inländischen Petroleum-Industrie neue Bahnen gewiesen und für den Absatz der Erzeugnisse derselben weite Gebiete erschlossen zu haben.

Die nicht zu unterschätzende Bedeutung der Ausfuhr von österreichischen Erdölproducten wird wohl genügend durch die Ziffern unserer Handelsbilanz erhärtet, welche bereits im Jahre 1896 einen Export von circa 250.000 Meter- centner raffinirten Mineralölproducten im Handelswerthe von 2 */ 2 Millionen Mark verzeichnet.

Eine weitere erfolgreiche Thätigkeit entfaltet die Pardubitzer Fabrik seither auch auf dem Gebiete der Erzeugung von Paraffin aus galizischem Rohöl, dank welcher schon gegenwärtig eine merkliche Abnahme des Importes dieses Artikels constatirt und eine weitere Verbesserung unserer Handelsbilanz erwartet werden kann. Das bei diesem Fabricationszweige angewendete rationelle Verfahren in bewährt vorzüglichen Fabricationsanlagen eigenen Systems ermöglicht die Herstellung eines Paraffinproductes, das den schottischen und amerikanischen Provenienzen mindestens ebenbürtig ist.

Zum Zwecke der thunlichst vortheilhaften Verwerthung des Paraffins wurde im Jahre 1895 dem bestehenden Etablissement eine Kerzen- und Ceresin-Fabriksanlage angegliedert, die das erzeugte Paraffin zum grössten Theile für ihre eigenen Zwecke verwendet, während das disponibel verbleibende Restquantum an andere Fabriken abge­geben wird.

Die Pardubitzer Mineralöl-Raffinerie ist gegenwärtig auf eine jährliche Verarbeitung von 600.000 Meter- centner Rohöl eingerichtet; dieser ansehnlichen Leistungsfähigkeit entspricht die bedeutende Ausdehnung der Fabriks­anlage; deren Areale umfasst eine Fläche von circa 100.000 Quadratmetern, auf der sich die im massiven Roh­ziegelbau ausgeführten, den verschiedenen Productionszweigen dienenden Gebäude, darunter solche bis zur Höhe von vier Stockwerken, erheben.

Die maschinelle Ausstattung des Etablissements besteht in acht Dampfkesseln zu je 220 Quadratmeter Heizfläche, theils Fairbairnscher, theils Cornwallscher Construction; ferner stehen 40 Maschinen von circa 800 Pferdekräften, darunter neun Dynamos, zur Verfügung. Eine weitere Aufzählung und detaillirte Schilderung der mannigfachen Werksvorrichtungen würde über den Rahmen dieser Besprechung weit hinausreichen, und es sei nur mehr der der Versorgung des Etablissements mit dem nöthigen Betriebswasser dienenden, von der circa 1200 Meter entfernt gelegenen Elbe mittelst elektrischer Kraftübertragung gespeisten Wasserleitungsanlage, sowie der Reini­gungsanlage für Abfallwässer Erwähnung gethan, die in gleicher Vollkommenheit wohl in keinem anderen Fabriks­etablissement bestehen dürfte und über welche die competenten Behörden in besonders anerkennender Weise geurtheilt haben.

Zum Zwecke der Zufuhr des Rohöles, sowie für den Versandt der fertigen Erzeugnisse besitzt die Pardu-' bitzer Raffinerie einen Wagenpark von circa 300 Cisternenwaggons, die continuirlich auf den Linien der öster­reichisch-ungarischen, zum Theile auch der ausländischen Bahnen im Verkehre stehen. Der jährliche Bahnfrachten­verkehr des Etablissements umfasst ein Quantum von mehr als einer Million Metercentner roher und fertiger Pro- ducte; die Firma zählt zu den bedeutendsten Verfrächtern auf den österreichisch-ungarischen Staatsbahnen.

Als einer auch für ausserhalb der Fabrik stehende Kreise werthvollen Institution sei hier noch der Fabriks­feuerwehr gedacht, die aus Arbeitern des Etablissements gebildet ist, und auf deren praktische Schulung und in jeder Hinsicht zweckentsprechendste Ausrüstung fortgesetzt die weitestgehende Sorgfalt verwendet wird. Die Lösch­mannschaft hatte anlässlich eines im Jahre 1896 ausgebrochenen, nicht unbedeutenden Fabriksbrandes Gelegenheit, eine glänzende Probe ihrer Tüchtigkeit und aufopfernden Bravour abzulegen, aus welchem Anlasse ihr sowie der Fabriksleitung und der gesammten Arbeiterschaft seitens der k. k. Bezirkshauptmannschaft in Pardubitz Dank und Belobung ausgesprochen wurde.

Die Besitzer der Pardubitzer Mineralöl-Raffinerie haben auch in socialpolitischer Richtung eine erwähnens- und nachahmungswerthe Institution geschaffen, die einen Schritt nach Vorwärts zur Lösung der so schwierigen Frage der Arbeiter-Altersversorgung bedeutet. Von den circa 500 Arbeitern der Firma wurde eine durch längere Zeit in ihren Diensten stehende Zahl tüchtiger und erprobter Leute auf Kosten der Firma für Beträge von 1000 bis 5000 fl. auf Ableben und Erleben derart versichert, dass die Versicherten bei Erreichung eines gewissen Alters