WIENER BAU-GESELLSCHAFT

WIEN.

ie Wiener Bau-Gesellschaft wurde unter der Aegide der »Anglo-Oesterreichischen Bank« ins Leben gerufen und begann im April 1869 ihre Thätigkeit. Diese bewegte sich hauptsächlich in folgenden zwei Richtungen: 1. In der Erwerbung von grösseren, in günstiger Lage situirten Grund- complexen und alten, zum Umbau geeigneten Häusern oder Häusergruppen behufs weiterer Ver- werthung derselben durch Verbauung oder Verkauf der durch die Parcellirung und Demolirung geschaffenen Baustellen.

2. In der Herstellung von Gebäuden für eigene Rechnung und in der Ausführung von Staatsbauten und anderen Baulichkeiten für fremde Rechnung.

Durch den Ankauf und durch die Parcellirung von grösseren Grundcomplexen hat die Wiener Bau-Gesell­schaft eine grosse Menge neuer Baustellen geschaffen und die Verbauung von Stadttheilen, welche noch Jahrzehnte lang unbewohnt geblieben wären, möglich gemacht.

Zugleich hat sie durch die von ihr durchgeführten Parcellirungen, sowie durch Demolirung von alten Häusern eine grosse Anzahl von Strassen eröffnet, bestehende Strassen verbreitert und viele Verkehrshindernisse beseitigt. Zur besseren Uebersicht sollen im Folgenden nur die bedeutendsten dieser Arbeiten in Kürze angeführt werden.

So wurden insbesondere die nachbezeichneten alten Gebäude angekauft unddemolirt: Das gräflich Breuner- sche, ehemals Lubomirskysche Palais auf der Mölkerbastei und die anstossenden kleinen Häuser, das ehemalige Marine-Ministerium, das gräflich Traunsche Palais (alt Schenkenstrasse 12) und die Häuser 17 und 19 in der Tein­faltstrasse, die Häuser am Kohlmarkt Nr. 8, 10, 12 und 14, Ecke des Kohlmarktes und der Wallnerstrasse, die alten Häuser am Graben zwischen der Spiegel-und Seilergasse, die Häuser Nr. 9 und 11 in der Kärntnerstrasse, das Haus Kärntnerstrasse Nr. 20 und Neuer Markt Nr. 1, das Müllersche Gebäude am Franz Josephs-Quai, das alte Postgebäude, Wollzeile 6, und die anstossenden Häuser in der Strobelgasse, das k. k. Armatur-Zeughaus in der Renngasse und das k. k. Artillerie-Zeughaus auf der Seilerstätte im I. Bezirke; das Haus Wiedener Hauptstrasse 70 im IV. Bezirke, die alten Häuser, alt Mariahilferstrasse Nr. 69 und 71, und Windmühlgasse Nr. 38, 40 und 42, an der Ecke der Mariahilferstrasse und Windmühlgasse, die Hofmühle (alt Hofmühlgasse Nr. 7) und die ehemalige Casa piccola, Mariahilferstrasse Nr. 1 b, nebst einem Theile des anstossenden Metzenhauses in der Rahlgasse im VI. Bezirke, neun alte Häuser in der Siebensterngasse (alt Siebensterngasse 4 bis 18) im VII. Bezirke, die alte Porzellanfabrik, die Häuser Nussdorferstrasse Nr. 39, 41, 43, 45 und 47, das Rothe Haus und endlich die vormalige Fürst Liechtensteinsche Brauerei-Realität im IX. Bezirke.

Durch diese Demolirungen und die nachfolgenden Umbauten wurden die betreffenden Strassen und Plätze theils wesentlichverbreitert oder vielmehr geradezu erst den modernen, öffentlichen Wohnungs- und Verkehrsbedürfnissen entsprechend regulirt. Ausserdem wurden noch anderwärts zahlreiche neue Baustellen, und zwar 708 an der Zahl, durch Ankauf und Parcellirung folgender Realitäten gebildet:

Grosse Schiffgasse Nr. 19, 21, 23 und 25, Grosse Pfarrgasse Nr. 2, zwischen der Grossen Sperlgasse und Leopoldsgasse, eines Grundstückes in der Brigittenau, Ecke der Wallensteinstrasse und Wintergasse, des soge­nannten »Kaisergartens«, Ecke des Rennweges und Boerhavegasse, der Baugründe zwischen der Verbindungsbahn, Hohlweggasse und Gürtelstrasse im III. Bezirke, des Steinmetzplatzes in der Belvederegasse im IV. Bezirke, der Grundstücke an der Ecke der Siebenbrunnengasse und Kohlgasse, dann Ecke der Einsiedler- und Oberen Brauhausgasse und des Parisergartens im V. Bezirke, der sogenannten gräflich Friesschen Gründe in Rudolfsheim zwischen der Felber- und Hütteldorferstrasse, und der Baugründe zwischen der Währinger- und Nussdorferlinie, endlich der von der Millerschen Realität in Untermeidling.

Ausser den vorerwähnten Baugründen hat die Wiener Bau-Gesellschaft in Gemeinschaft mit dem Wiener Bank-Verein im Jahre 1872 im WTenthale in den Gemeinden Penzing, Baumgarten, Ober- und Unter-St. Veit, Hadersdorf und Weidlingau weit ausgedehnte Grundflächen zusammen im Ausmaasse von 280.000 Quadratklaftern erworben, welche theilweise zur Ausführung des von der Gesellschaft damals entworfenen Projectes der Wienthalbahn verwendet werden sollten wovon noch im Folgenden die Rede sein wird, während der weitaus grössere Theil zur Herstellung von Cottage-Anlagen bestimmt ist, wie eine solche in Unter-St. Veit durch die Errichtung von

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Die Gross-Industrie. VI.

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