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Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Sechster Band
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157
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COMMANDIT- GESELLSCHAFT

FÜR

BUCHDRUCKEREI, LITHOGRAPHIE, SCHRIFTGIESSEREI und STEREOTYPIE

JOHANN N. VERNAY

vormals LEOPOLD SOMMER & CO.

AVI EN.

ieses Etablissement wurde von dem als tüchtigen Stempelschneider, Schriftgiesser und Buchdrucker rühmlichst bekannten Anton Strauss, Schüler des Kupferstechers und Buchdruckers Ignaz Alberti, im Jahre 1802 gegründet. Die Buchdruckerei war klein und besass nur zwei Pressen. Anfangs konnte Strauss kaum eine Presse beschäftigen, weil die Zeit für literarische Unternehmungen, daher auch für den Buchdruck, sehr ungünstig war. Trotzdem hat er durch Fleiss, reelle und prompte Leistungen seine Buchdruckerei verhältnismässig schnell vergrössert und sein Personal vermehrt. Er sorgte für einen correcten, schönen, dem Auge wohlgefälligen Druck, stellte als Erster einen scientifisch gebildeten Corrector an und führte den Stereotypdruck ein. Für die grossen AArdienste, w T elche sich Strauss um die Hebung des Buchdruckes erwarb, wurde ihm von Erzherzog Johann im Jahre 1819 die Presse übergeben, an welcher Kronprinz Josef (Kaiser Josef II.) unter Leitung Trattners die Buchdruckerei erlernt hatte. Anton Strauss hinterliess bei seinem am 24. October 1827 er­folgten Tode seiner Witwe Magdalena eine in jeder Beziehung stattlich eingerichtete Druckerei mit 20 Pressen, eine Schriftgiesserei und eine Papierfabrik zu Unter-Waltersdorf, welche unter der Firma Anton Strauss sei. Witwe weitergeführt wurde. Im Jahre 1836 zog die Besitzerin ihren Neffen, den tüchtigen Buchdrucker Leopold Sommer zu ihrer Unterstützung als Geschäftsleiter heran. Die Officin befand sich damals in der Alserstrasse Nr. 143 im eigenen Hause. Magdalena Strauss starb am 8. März 1845 i m Alter von 81 Jahren, nachdem sie Leopold Sommer zum Erben eingesetzt hatte.

Leopold Sommer erbaute neben der bisherigen Anstalt ein drei Stock hohes Gebäude für die Buchdruckerei nebst Giesserei, Lithographie und Chromolithographie, welches er sehr zweckmässig einrichtete. Die Officin war nun die grossartigste Buchdruckerei AViens, die von Fachmännern und von hervorragenden Persönlichkeiten als Sehens­würdigkeit besucht wurde. Sie war die erste Privatdruckerei, welche Dampf zum Betriebe der Schnellpressen verwendete, ebenso war Sommer der Erste, der ein politisches Tagesjournal mit Morgen- und Abendausgabe erscheinen lifess. Zu dem Unternehmen gehörte auch ein in der inneren Stadt etablirtes Verlagsgeschäft und die Guggenbacher Papierfabrik.

Im Jahre 1868 nahm Sommer seinen Stiefsohn Emil Hochenadel als Compagnon auf und übergab ihm die Leitung des Geschäftes. Die Firma lautete nun Leopold Sommer & Co. 1871/72 wurde das Etablissement neuerdings vergrössert und hiefür das Haus IX., Mariannengasse 17, erbaut.

Im Jahre 1877 wurde das Unternehmen von einer Commandit-Gesellschaft, an deren Spitze Johann N. Vern ay ein Schwager Emil Hochenadels, stand, käuflich erworben, welcher es nach den alten bewährten Geschäftsprincipien weiter führte und sich speciell mit Lieferung des Drucksortenbedarfes für grosse Verkehrsanstalten und die Commune AVien befasste. Auch der im Jahre 1887 erfolgte Tod des Firma-Chefs Johann N. AArnay rief im Geschäftsbetrieb keine Veränderung hervor. Unter Beibehaltung des bisherigen Firma-Titels trat nunmehr an die Spitze des Unter­nehmens Jacob Plaut, dem es durch Fleiss, streng solide Grundsätze, steten Fortschritt auf technischem Gebiete, Erwerbung und verständige Anwendung des neuesten Materiales gelang, die Anstalt auf eine noch höhere Stufe zu bringen, so dass sie heute zu den bedeutendsten und leistungsfähigsten Druckereien Wiens gehört. Seit dem im Jahre 1898 erfolgten Tode Jacob Plauts wird die Commandit-Gesellschaft von dessen Sohn Bernhard Plaut im Sinne seines verstorbenen Vaters geleitet.

In dem Etablissement sind gegenwärtig 24 Maschinen grössten Formates ausser den Pressen und sonstigen Hilfsmaschinen in Verwendung. Den Betrieb besorgt eine grosse Dampfmaschine, welcher noch ein grösserer elek­trischer Motor beigegeben ist. Die elektrische Beleuchtung wird von einer eigenen Dynamomaschine erzeugt.

Infolge der hervorragenden Leistungsfähigkeit des Etablissements im Illustrationsdruck werden in demselben die meisten der grossen von den AViener AAAarenhäusern und Confectionären herausgegebenen illustrirten Kataloge in riesigen Auflagen hergestellt. Nicht nur in Oesterreich bekannt und gesucht, erhält die Firma auch be­deutende Aufträge aus dem Orient und Russland. Ausser den Erzeugnissen für den Buchhandel, für die kaufmänni­schen Bedürfnisse, werden in der Officin circa 30 periodische Fach- und politische Druckschriften, Witz- und Unter­haltungsblätter hergestellt. Rotationsmaschinen besorgen den Druck eines grossen, politischen Tages-Journales.

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