CARL BARTH

GRAPHIT-RAFFINIRWERK

FEISTRITZ-HEILIGENBLUT BEI PÖGGSTALL (NIEDER-ÖSTERREICH).

as Graphitwerk Feistritz-Heiligenblut liegt an der Strasse, welche von Mühldorf einerseits nach Pögg- stall, andererseits nach Weiten-Weitenegg führt. Die Schiffsstation Weitenegg kann in i/o Stunden, die Bahnstation Melk in 2 Stunden von der Raffinerie leicht erreicht werden. Seit kurzer Zeit befindet sich bei Weitenegg eine Rollüberfuhr nach Melk, so dass die Wagen mit voller Ladung unmittelbar bis zur Bahnstation fahren können.

Im Sommer des Jahres 1889 wurde die Pöggstaller Gegend von dem k. k. Bergeleven Carl Barth geologisch begangen, theilweise aufgenommen und das Terrain auf Grund günstiger Ergebnisse der Aufnahme durch eine Anzahl von Frei-Schürfen, die auf den Namen Josef Barth in Mühldorf lauteten, gedeckt. Josef Barth trat mit der Firma Josef Bruckner & Söhne in Wien in Verbindung, und alsbald entschloss man sich, auf der Parcelle Nummer 131 in Feistritz der Gemeinde Mannersdorf einen Schurf-Schacht abzuteufen und erwirkte im Herbst 1889 die Freifahrung. Inzwischen wurde in Heiligenblut auch eine Mühle erstanden und als Raffinerie eingerichtet. Im Jahre 1890 trat die Firma Josef Bruckner & Söhne von der Mitgewerkschaft zurück und Carl Barth trat an ihre Stelle. Von da ab lautete die Firma Josef Carl Barth, bis im Jahre 1891 auch Josef Barth aus dem Unternehmen schied, seit welcher Zeit das Werk im alleinigen Besitz Carl Barths steht, von dem es bis auf den heutigen Tag mit Erfolg geführt wird.

Der Bergbau besteht aus 8 Grubenmaassen und 20 Freischürfen, so dass eine streichende Länge von circa 20 Kilometer gedeckt erscheint. Der Aufschluss geschieht durch einen Stollen (Emma-St ollen), der im Streichen des Lagers getrieben wurde und getrieben wird. Das Lager wurde bis zu einer Mächtigkeit von drei Meter an­gefahren. Der gewonnene Graphit ist rein und weich, daher zu Giessereizvvecken vorzüglich geeignet. Der Kohlen­stoffgehalt schwankt zwischen 40 bis 50 Procent. Eine von Dr. Oskar Bernheimer genau durchgeführte Analyse ergab: Wasser 0-84 Procent, Asche 51-31 Procent, Ivohlenstoffgehalt 47-83 Procent. Ganz ähnliche Resultate lieferten die Untersuchungen der geologischen Reichsanstalt in Wien.

Das Liegende bildet Kalk, das Hangende des Lagers Gneis mit einem Verflächen von 30 bis 40 Grad. Die Gneisschichte bildet eine feste Hangenddecke, die dem Bau (Ausbau) sehr zu Statten kommt und wenig oder doch nur schwächere Zimmerung benöthigt. Die Förderung geschieht durch Hunte auf gelegter Eisenbahn. Bei der Grube befindet sich eine gut gebaute Sortirhütte von 16 Meter Länge und 8 Meter Breite.

Die Raffinerie des Graphits wird durch ein dreisätziges Pochwerk bewirkt. Von da geht die Trübe in ein System von Mehlrinnen und Spitzkästen, und schliesslich wird der Schlamm in Setzkästen gebracht, von wo er auf die Dörrböden gelangt. Letztgenannte Arbeit, das »Aufpatzeln«, wird in der Regel von weiblichen Arbeitskräften besorgt. Das fertige Product gelangt in eine Packhütte, die eigens zu diesem Zwecke eingerichtet und mit einem Cementboden trocken gelegt wurde. Die Raffinerie in ihrer gegenwärtigen Einrichtung kann jährlich 20 bis 30 Waggon Raffinade erzeugen. Die vorhandene Wasserkraft würde es aber ermöglichen, ein zweites Poch­werk oder noch eine Kollermühle aufzustellen, wodurch die Production leicht auf das Doppelte gebracht werden könnte.

Die erzeugten Raffinade werden signirt mit: A. B. (ordinär), M. F. (mittelfein), F. F. (doppelt raffinirt). Die Fässer wiegen zwischen 400500 Ivilog-ramm und werden in der eigenen Binderei erzeugt. Die Waare geht nach Ungarn, Russland, Frankreich, Deutschland, einzelne Sendungen sogar nach Amerika, in welchen Ländern sich das Werk einen ansehnlichen Kundenkreis erworben hat.

Im Jahre 1897 wurde eine Black-Lead-Fabrik neu eingerichtet. Die Pressen werden durch Riemen­antrieb direct vom Wasserrade aus in Bewegung g-esetzt. In der Schicht erzeugt eine einfach wirkende Tabletten­presse 5000 Blocks. Dieselben werden während der Herstellungszeit von einem Arbeiter auch geputzt, von Arbeiterinnen gepackelt und zu 500 Stück in Kistchen verpackt. Die Tablettes gelangen hauptsächlich auf den Wiener Markt; sie werden in der Hauswirthschaft als Ofenschwärze (Rabensilber) gebraucht.

Die im Werke verwendete Arbeiterschaft setzt sich zum Theil aus Ortsangehörigen, zum Theil aus fremden Leuten zusammen. Derselben wird vom Werke zumeist die Wohnung beigestellt; überdies werden ihr auch Grund­stücke zur Benützung zugewiesen. Das Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitern ist das beste.

Die Gross-Industrie, VI.

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