EDUARD ENGLANDER

CELLULOSE- und PAPIER-FABRIK RECHBERG (KÄRNTEN).

as Herzogthum Kärnten nimmt nach den officiellen Daten des österreichischen Handelsamtes in der Papierstoff-Industrie den zweiten Rang ein, es wird darin nur von Böhmen übertroffen. Ein genauer Blick in die Productionsverhältnisse lehrt, dass es hauptsächlich die reichen Wasserkräfte des Kron- landes sind, auf welchen die kärntnerische Papierstoff-Industrie basirt; von den 3591 Pferdekräften welche die letzte amtliche Statistik in diesem Industriezweige aufweist wird kaum 1% durch Dampfmaschinen geliefert, die ganze übrige Energie stellen die natürlichen Kräfte der Wasserläufe bei. Die Kärntner Papierstoff-Industrie steht somit obenan in der wichtigen ökonomischen Function, welche die wirtschaftliche Aus­nützung des durch die Arbeitskraft der Gebirgswässer repräsentirten Naturreichthumes bildet, der namentlich durch die AVrvollkommnung der elektrischen Kraftübertragung sich zu einer immer bedeutungsvoller werdenden Quelle des Nationaleinkommens entwickelt.

Das hervorragendste Etablissement der Kärntner Papierstoff-Industrie bildet die Rechberger Cellulose- und Papierfabrik Eduard Engländer. Dieses, im Jahre 1890 begründete Unternehmen, konnte von vorneherein nach den modernen Principien der Papierfabrication eingerichtet werden und sich somit alle A r ortheile der Production im grossen Stile zu Nutze machen. Begünstigt wird die Fabrik durch den Holzreichthum der umliegenden Wälder, die zum Theile Eigenthum des Firmainhabers sind.

Die nöthige Arbeitskraft bietet der Vellachfluss, in dessen Stromgebiet die Rechberger Cellulose- und Papier­fabrik liegt. Zwei Turbinen zu je 125 Pferdekräften machen den Wasserlauf dem Betriebe dienstbar, und diese werden noch durch eine 40 Pferdekraft-Dampfmaschine ergänzt. Die vorhandene natürliche Kraft wird zum Theile in elektrische Energie verwandelt; zu diesem Zwecke steht eine 10.000 Watt-Dynamomaschine im Betriebe, die auch die vollständige elektrische Beleuchtung der Arbeitsstätten versieht. Sämmtliche Werksvorrichtungen ent­sprechen den strengsten Anforderungen der hochentwickelten Technologie dieses Industriezweiges. Die beiden im Gebrauche stehenden Cellulosekocher fassen ein Quantum von zusammen 6000 Kilogramm (trocken gedacht), die Papiermaschine besitzt eine Arbeitsbreite von 1700 Millimetern; nebstdem ist noch eine Holzdeckelmaschine in Function.

Die Production der Rechberger Papierfabrik gliedert sich in Halb- und Ganzfabrikate. Von ersteren wird ein Sulfitstoff erzeugt, für dessen Herstellung die Firma ein besonderes Verfahren besitzt; die Papierproducte bestehen in ordinärem und feinem Cellulose-Pack- und Sackeipapier, welches satinirt oder mit einseitigem Hochglanz geliefert wird.

Das Hauptabsatzgebiet der Firma ist die österreichisch-ungarische Monarchie; in Wien besitzt die Firma eine eigene Vertretung. Als Exportländer kommen namentlich die Orientstaaten in Betracht, nach denen ungefähr der vierte Theil der Jahresproduction ihren Weg nimmt. Die Erzeugnisse der Rechberger Fabrik fanden im Jahre 1894 auf der Pariser Ausstellung für das Buchgewerbe durch Verleihung der silbernen Medaille Anerkennung.

Die Errichtung der Rechberger Papierfabrik hatte natürlich durch Vermehrung der Arbeitsgelegenheit eine erfreuliche Besserung der Erwerbsverhältnisse der Umgebung zur Folge. Die 80 Arbeiter beziehen eine ansehnliche Lohnsumme, die, in den benachbarten Orten verausgabt, zur Hebung des Geschäftsverkehres wesentlich beiträgt. Da die Interessen der Arbeiterschaft durch zweckmässige Sicherheitsvorkehrungen, Erbauung von Arbeiterhäusern etc. berücksichtigt werden, herrscht unter denselben Zufriedenheit und gutes Einvernehmen mit der Fabriksleitung. Dieses kommt auch in der langen Dienstzeit der meisten Angestellten, welche zum grössten Theile dem Unternehmen schon seit dessen Begründung angehören, zum Ausdrucke.

Alleiniger Chef der Firma ist gegenwärtig Eduard Engländer, früher hatte derselben auch dessen Schwager Peter Zulehncr angehört.

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