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Nach dem Orient! : Donauwärts - die Orientbahnen - zur See
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englischerseits angestrebte Ueberlandbahn von Alexandrette nach Bagdad und Indien. Gegenüber den Vortheilen des erweiterten und beschleu­nigten Dampfschifffahrtsverkehrs fallen die gewaltigen Hindernisse, welche bei dem Bau der asiatischen Zukunftsbahnen zu überwinden sind, vorerst allzu schwer ins Gewicht. Wenn lediglich wirthschastliche und nicht auch politische Erwägungen maßgebend wären, würde sür den europäischen Eilverkehr nach Mittelasien und selbst nach Indien die Benützung der südrussischen, bis Wladikawkas bereits vollendeten Bahn am vortheilhastesten erscheinen, welche über den Aaukasus zunächst bis zur persischen Hauptstadt sortgesührt werden und verhältnißmäßig die günstigsten Betriebsverhältnisse auszuweisen haben wird.

In den ferneren Grient führt von Europa aus im Anschlüsse an den Seeweg der Suezkanal. Als ein kühner Geist dieses große Verkehrswerk plante, stieß er allerwärts aus Unverständniß oder Feind­schaft und jetzt, nachdem es glücklich zu Ende geführt worden und sich glänzend bewährt hat, muß die beschämte Gegenwart in dem Suez­kanal eine Thatsache erkennen, welche nicht nur in dem Verkehr zwischen Europa und den: ferneren Grient, sondern in den bisherigen Handelsbeziehungen der alten Welt eine gewaltige Veränderung, eine partielle Umwälzung hervorzurufen geeignet ist. Seitdem die europäische Menschheit wirthschastspolitisch zu empfinden begonnen, hat sie den Weg nach Indien gesucht, anfangs zu Lande, später zur See. Viele Jahrhunderte verflossen bis zur Entdeckung des Seeweges um Süd­afrika, welchen abgekürzt zu sehen erst der Gegenwart beschieden sein sollte. Nun, da der Wandel die alte Richtung wieder einschlägt, wird ihm auch der Handel folgen müssen, langsam und widerstrebend, doch unausbleiblich. Der rastlose Unternehmungsgeist, welcher in alter Zeit die Griechenstädte Massilia, Tumä, Napolis, H>ästum, Rhegion, Tarent, Brundusium und Ancona und im Mittelalter die italienischen Handels­republiken ausblühen ließ, erwacht aufs Neue in den Emporien des Mittelmeeres und sie entwickeln angesichts der zu ihren Gunsten wieder­hergestellten Verkehrslage von ehedem, zielbewußt von ihren Staats­regierungen gefördert, eine gesteigerte Handelsthätigkeit. Dieser Um­schwung kann sich nur langsam vollziehen und daß er bereits wirklich begonnen hat und verspürt wird, ist erstaunlich genug und wohl vor­zugsweise durch die tiefgehende Neigung des modernen Handels zur Anknüpfung möglichst unmittelbarer Beziehungen ermöglicht worden. Nicht ohne Sorge verfolgt man in England diesen Umschwung. Man bemerkt eine Abnahme des englischen Wiederausfuhrhandels und fürchtet für die Zukunft der englischen Handelsschifffahrt. Noch steht England fest und sicher in der Mitte des Handels der alten Welt,

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