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Aufgaben auszuführen, so wird endlich auch im türkischen Reiche die Grundlage geschaffen sein, auf welcher allein der Volkswohlstand er- sprießen kann und in den Aulturstaaten thatsächlich erstanden ist. Wenn die Verwaltung sich nicht mehr blos auf die Steuereintreibung beschränkt, wenn sie nicht nur nimmt, sondern auch gibt, dann werden auch in der Türkei die öffentlichen Finanzen erfahren, daß es leichter ist, von einer wohlhabenden Bevölkerung Pfunde, als von armen Leuten Aiaster für die Bedürfnisse des Staates beizutreiben. Erst dann wird in den Haushalt des türkischen Reiches wieder Ordnung zu bringen sein.
An die Inangriffnahme einer solchen grundlegenden Verwaltungs- resorm können die wenigen deutschen Beamten der Türkei mit ihren beschränkten Befugnissen allerdings nicht denken, nachdem es ihnen nicht einmal gemngen ist, in das am Bosporus noch immer slorirende Bestechungs- und Begünstigungssystem des höheren türkischen Beamten- thums Bresche zu legen, ja nachdem sie in Verbindung mit den glücklicherweise noch vorhandenen ehrenwerthen, patriotischen türkischen Würdenträgern nicht im Stande gewesen sind, trotz der günstigen Dispositionen des Sultans, in der Eisenbahnsrage gegen Baron Hirsch die wahren Interessen des Reiches zu Klarheit und Geltung zu bringen. Es entspricht ebenso wenig der Würde des deutschen als den Interessen des türkischen Reiches, wenn die deutschen Beamten in Aonstantinopel nichts Anderes bleiben als bloße dekorative Zierden.
Nur ernste, tiefgreifende und umfassende Reformarbeiten — das sei im Voraus betont — können solche Ziele erreichen helfen, nicht etwa bloße Handelsmanipulationen oder der Bau einiger Eisenbahnen, womit — wie früher — wenig oder gar nicht geholfen wäre. Im pariser Frieden waren der Asorte allerlei schöne Resormpläne aufgedrungen worden. Allein dieselben sind nur theilweise zur Ausführung gelangt und haben an den Mißsländen oder vielmehr an dem gänzlichen Mangel einer Verwaltung Nichts geändert, was die oft recht kurzsichtige europäische Diplomatie in Aonstantinopel nicht verhinderte, den Vorspiegelungen der Aali und Fuad für baare Münze zu nehmen und ihnen sogar Glückwünsche abzustatten. Indem die europäische Diplomatie in Aonstantinopel, allerdings unter Führung der allzu interessirten Vertreter Englands und Rußlands so die türkischen Staatsmänner glauben machte, daß ihre Reformarbeit vortrefflich sei und für die Wohlfahrt des Reiches genüge, hals sie nur dazu, die trostlosen Zustände noch weiter zu verschlechtern.
Um im Abendland eine unbefangene Beurtheilung der türkischen Zustände zu ermöglichen, hat Hahn dieselben wiederholt mit den Verhältnissen der europäischen Staaten beim Ausgange des Mittelalters ver-