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Nach dem Orient! : Donauwärts - die Orientbahnen - zur See
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glichen. In der That ist die Türkei, welche sich auch nach ihrer Zeit­rechnung erst im dreizehnten Jahrhundert befindet, von dem Zeitalter der Renaissance und Reformation mit seinen großen technischen und geistigen Fortschritten so gut wie unberührt geblieben. Vielmehr haben sich noch Zustände erhalten (Albanesische Studien 5 .Z09), welche von den Aelasgern wohl schon bei ihrer Einwanderung mitgebracht wurden und sich vielleicht schon seit vier Jahrtausenden erhielten. Hahn erklärt es für eine un­billige Forderung an die Türkei, tausendjährige sociale Auswüchse wie durch einen Zauberschlag zu beseitigen und in ihrem Innern eine ebenso saubere und geordnete Verwaltung herzustellen, wie sie sich Europa seinerseits erst im Laufe von Jahrtausenden erworben. Den ungeduldigen Reformtheoretikern ruft Hahn (Reise von Belgrad nach Salonichi, 2. Aufl. S. als Landeskundiger zu:Kommt doch erst an Ort und Stelle und studirt das Material, das Ihr reformiren wollt, seht zu, was ihm Noth thut, und wieviel es verträgt, und verlangt nicht, daß der Wall­fisch nach Euren Recepten fliegen lerne. Zu thun wäre noch genug, das ist keine Frage, aber Eure Vorschläge brächten nur die alte Maschine ins Stocken, ohne eine neue zu schaffen, und es ist Euch dies theilweise leider schon geglückt."

Auf dem Gebiete der türkischen Verwaltungsorganisation hat in­zwischen das internationale Kapital bedenklich vorgegriffen, indem es sich auf Veranlassung der »Lan^ue Ottomane«, einer vorwiegend französisch-englischen und keineswegs türkischen Unternehmung, zu einem internationalen Administrationsrath der türkischen Gläubiger organisirte, leider unter Betheiligung eines deutschen Bankhauses, welches in be­schränktem Egoismus nicht erkannte, daß es gegen eine jDrovision in Geld die weitere Ausbeutung -der Türkei von englisch-französischer Seite nur sollte erleichtern helfen. Nach erfolgter Uebernahme der Verwaltung der verpfändeten Steuern und in höherem Grade noch durch die jDacht des Tabakmonopols haben französisch-englische Kapitalisten einen wesent­lichen Theil der türkischen Verwaltung an sich gebracht, an Stelle türkischer neue, von ihnen abhängige Beamte gewonnen und sich so zu einer Macht entwickelt, welche selbst ein gesunder Staat in seinem Bereich nicht dulden könnte, geschweige denn ein kranker. Allerwärts betreibt das internationale Kapital rücksichtslos seine Interessen und kümmert sich nicht um andere Folgen,^'auch nicht darum, ob durch gewisse diplomatisch eingefädelte Spekulationen ein Reich vollends zu Grunde geht. Von jener internationalen Kapitalsorganisation droht den: türkischen Reiche die größte Gefahr: die völlige Zerbröckelung und da hiedurch auch Deutschlands Orientinteresfen in hohem Grade gefährdet werden, so ist es deutscherseits, namentlich von Seiten der