Die Viererkonferenz.
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Anschluß nach Salonichi nicht über Vranja, sondern über jDristina erfolgen sollte. Hiergegen proteflirte die Pforte alsbald und mit Recht und hat erst nach mehrjährigen Verhandlungen (durch den Irade des Sultans vom 5. April s883) zu dieser Abänderung ihre Zustimmung gegeben, nachdem ihr in einer Note des österreichisch-ungarischen Botschafters in Aonstantinopel vom Januar f883 versichert worden war, daß Baron Hirsch die Erklärung abgegeben habe, jene Abänderung nicht als eine Verletzung seines Vertrages zu benutzen. Ist es schon eigenthümlich, daß die österreichische Diplomatie noch immer mit dem Baron Hirsch Beziehungen unterhielt, so mußte es geradezu befremden, daß sie sich zum Sprachrohr dieses Mannes erniedrigen ließ und Erklärungen bestellte, in deren Aufrichtigkeit nach den gemachten Erfahrungen ernstliche Zweifel zu setzen waren. Hat Baron Hirsch sich verpflichtet, auch nach dem Ausbau der Anschlüsse über Vranja den stipulirten Aachtschilling ^ zahlen? Nein. Wozu also die zu irrigen Schlüssen verführende Bestellung derselben durch den österreichisch-ungarischen Botschafter in Aonstantinopel? Weshalb bemühte man sich von Wien aus so eifrig, die Pforte zu einer verhängnißvollen Vertrags- brüchigkeit zu drängen? Weshalb bestimmte man von Wien aus auf Andrängen des Herrn Bontoux, hinter welchem allerdings Baron Hirsch gestanden haben mag, in der Eifenbahnkonvention mit Serbien Vranja zum Anschlußpunkt, obschon doch auf Serbien nach dem Berliner Vertrage die Verpflichtung der Türkei, der Gesellschaft Hirsch gegenüber, über fDristina anzuschließen, ohne jeden Zweifel übergegangen war? Und wie kam man in Wien dazu, sich Serbien gegenüber befremdlicherweise zu verpflichten, von der Pforte den Anschluß bei Vranja zu erwirken? Mußte die Türkei sich nicht verletzt fühlen, daß in einem ohne sie abgeschlossenen, ihr sogar ungünstigen Vertrage ihre Entscheidung gleichsam vorausgesetzt und präjudicirt wurde? Nachdem Herr Bontoux hinter wohlverdienten Aerkermauern verschwunden war, schien man in Wien die Geschäfte und Interessen seines schlaueren Genossen und Hintermannes, des Baron Hirsch, mit doppelter Arast und leider mit Erfolg wahrnehmen zu wollen, wie denn ein regierungsfreundliches Organ, das „III. Wien. Extrabl.", den Erfolg der österreichischen Diplomatie für den Anschluß Vranja kurzweg als einen Sieg des Baron Hirsch bezeichnet hat.
Erst drei Jahre nach dem Abschluß des Berliner Friedens — also keineswegs »imrneälaternent apres 1a conelusion 6e 1a paix« — und ein Jahr nach Abschluß der österreichisch-ungarisch-serbischen Eisen- bahn-Separatkonvention, erst im Jahre f88t trat zu Wien die »Conference a ciuatre« unter Oesterreich-Ungarns Vorsitz zusammen. Aus
Die Viererkonferenz.