Dokument 
Nach dem Orient! : Donauwärts - die Orientbahnen - zur See
Entstehung
Seite
128
Einzelbild herunterladen

1(28

Der direkte Seeweg.

Dieser überlegenen und gefährlichen Konkurrenz der Dampfschiffe gegen die Lokomotive ist man sich in den maßgebenden Kreisen Mittel- europa's offenbar noch nicht bewußt geworden, da inmitten der tarif- politischen Kämpfe und Bestrebungen der mitteleuropäischen Bahnen unter sich irgendwelche Anläufe gegen jenen gemeinsamen Konkurrenten nicht zu erkennen sind. In die mitteleuropäischen Eisenbahntarifwirren Klarheit und Zielbewußtsein zu bringen, gehört zu den wichtigsten Aufgaben zukünftiger deutscher Eisenbahnpolitik. Erst dann wird von einer Konkurrenz zwischen Land- und Seetarifen gesprochen werden können.

Unter den bestehenden Verhältnissen darf deutscherseits für den Verkehr mit der Levante der Seeweg über die Nordwesthäfen nicht außer Acht gelassen werden, da er für die Verfrachtung namentlich von Massenartikeln, wo es weniger auf Raschheit und Pünktlichkeit ankommt, bis tief vom Innern Deutschlands her der weitaus wohl­feilere ist. Leider fehlt es an direkten und regelmäßigen Dampfschiffahrts­verbindungen zwischen den deutschen Nordseehäfen und der Levante und mit dem Anwachsen des deutsch - levantinischen Handelsverkehrs wird in Deutschland immer fühlbarer der Mangel einer Dampferlinie empfunden, welcher von Hamburg oder Bremen auszugehen, mit Be­rührung von Genua, für die Aufnahme deutscher Landtransitgüter, Neapel und Messina nach AiraeusAthen, Konstantinopel und Odessa einerseits und nach Alexandrien, Indien und Ostasien andrerseits zu führen hätte. Hamburg und Bremen werden sich mehr und mehr von Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam und den englischenHäfen überflügeln lassen, so lange sie ohne direkte und regelmäßige Dampferverbindungen nach der Levante, insbesondere nach Konstantinopel, Odessa und der unteren Donau bleiben. Wenn die bisherigen Versuche, Deutschland durch direkte Dampfschifffahrt mit der Levante in regelmäßige Ver­bindung zu bringen, aus Mangel an genügender Fracht gescheitert sind, so ist daraus eben nur die Folgerung zu ziehen, welche England, Frankreich, Italien rc. längst anerkannt haben, indem sie derartige Verbindungen im Interesse der nationalen Volkswirthschaft aus öffentlichen Mitteln unter­stützen. Bekanntlich zahlt Frankreich alljährlich 23 ,9 Millionen Frcs. Dampfschifffahrtssubventionen, England Millionen, Italien 8,2 Mil­lionen, Oesterreich-Ungarn 3,? Millionen, Holland 0,4 Millionen und Deutschland 0,3 Millionen Frcs. Ohne solche Subventionen würden die betreffenden Gesellschaften keinen Gewinn vertheilen und daher einfach nicht bestehen können. Daß der Handel ihrer Vermittelung bedarf und daraus mit ihm die nationale Volkswirthschaft ungleich größeren Nutzen zieht, als der Staat an Subventionen aufwendet, haben alle