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Zweiter Theil
Entstehung
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Glauben und eine Sitte. Zwischen Beiden findet nur der einzige Unterschied statt, daß der Bewohner des Dorfes uns im Umgänge ungebildeter und derber erscheint, als der Städter, gerade wie bei uns auch. Der Sprachgebrauch will, daß ich mit dem Türken BeideFellah" nenne; wollte ich ganz arabisch mich ausdrücken, dann müßte ich sieAülähd Asrräb" (Nachkommen oder Söhne der Araber) betiteln.

Der Egypter ist von kräftigem, gedrungenem Körperbau, nicht unangenehmer, wenn auch gemeiner Gcsichtsbildung, gelber oder braungelber, oft sogar hellbrauner Hautfarbe, stark, aus­dauernd in der Arbeit, gewandt, enthaltsam, und gleichwohl wie­der ausschweifend, befähigt, große Beschwerden und Schmerzen mit Leichtigkeit zu ertragen und mit Wenigem zufrieden zu sein. Er hat ebenso viel gute, als schlechte Eigenschaften. Seine Leidenschaf­ten sind heftig. Er ist jähzornig, aber nicht rachsüchtig und eben so zum Streit, als zum Frieden geneigt; er ist religiös, gastfrei, mildthätig, arbeitsam, sparsam; ebenso aber auch falsch, treulos, lügnerisch, betrügerisch, diebisch, wollüstig, kriechend gegen hohe, tyrannisch gegen Niedere, tückisch, bequem und über alle Begriffe unverschämt. Geiz und Habsucht kennt er nicht, überhaupt nicht berechnende Laster, denn er ist Sklave des Augenblicks. Er bereut seine Fehler nie, weil er zu anmaßend ist. Er vereint daher die sonderbarsten und grellsten Widersprüche in sich; er ist ein früher gut gewesener, durchlange Knechtschaft schlecht gewordener Mensch; seine Leidenschaften sind Ursache, daß bei ihm die schlechten Eigen­schaften die guten überwiegen.

Die egyptischcn Frauen sind von derselben Gemüthsbeschaffcn- hcit, wie ihre Männer. Sie sind herrlich gewachsen, graziöse Ge­stalten , haben oft eine sehr feine Gesichtsbildung und zuweilen eine Hautfarbe, welche der unserer Frauen an Weiße wenig nachgiebt. Oft werden sie ihren Männern untreu, weil sie Veränderung lie­ben und ziemlich leichtfertig sind. Ihre Zungenfertigkeit übertrifft selbst die der Französinnen und macht sie sehr widerlich, weil sie die unbedeutendsten Dinge mit einer Ausführlichkeit behandeln, die unerträglich wird und weder Maaß noch Ziel kennt. Wie die