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Zweiter Theil
Entstehung
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verbreitete Gesittung und Bildung geregelt wurden. Ganz anders ist der verfeinerte Türke, denn obwohl er seine Leidenschaften gänz­lich zu zügeln weiß, arbeitet er doch nur daran, ihnen zur Zeit vollkommene Befriedigung zu verschaffen; er ist seiner, aber nicht besser geworden, als jener; gerade so, wie der Fellah derber, aber redlicher ist, als der Städter Egyptens. Der feinere Türke ist ein vollendeter Hofmann geworden, jedoch sehr zum Nachtheil seiner Tu­genden. Er versteht es meisterhaft, mit Anderen umzugehen, aber er ist nicht der gerade, offene, rechtliche Mann mehr, der er frü­her war, sondern ein geschmeidiger, sich in alle Lagen fügender, jeden Vortheil benutzender, Alles bedenkender Diplomat. Da ha­ben sich denn auch bei ihm die berechnenden Laster eingestellt, als da sind: Geiz, Habsucht, Lüge, Schmeichelei, Falschheit und nicht selten sogar Tücke und Hinterlist u. s. w. Hätte er keinen Stolz und kein Ehrgefühl, er würde ein weit gefährlicherer Mensch sein, als es der Fellah ist, welcher das Wort Schande nicht kennt oder nicht kennen will. So ist er es aber nicht. Der Umgang mit dem Türken ist ein weit angenehmerer, als der mit dem pöbelhaften Fellah. Das Hoflcbcn ist der Verderb des türkischen Nationalcha- rakters, ebenso auch der Umstand, daß viele freigelassene Mame­lucken zu den höchsten Ehrenstcllcn befördert worden sind. Ein Mensch, der in der Sklaverei aufgewachsen, erzogen und gewöhnt worden ist, allen Leidenschaften seines Herrn Genüge zu leisten, wird nie wahre Gr-mdsätze befolgen oder wirkliche Tugenden selbst- ständig ausüben lernen. Wenn ein freigelassener Mameluk später edle Handlungen ausübt, so hat er, mit seltenen Ausnahmen, ge­wiß einen versteckten Grund dazu. Die wahren Türken kennen die­sen Krebsschaden wohl, der an ihrem Volke frißt, das Uebel ist aber schon viel zu weit vorgeschritten, als daß es geheilt werden könnte. Hoffen wir, daß der jetzige Krieg dazu beitrage, das edle, ritterliche Volk zu neuem, kräftigerem Leben aufzustacheln. Durch fortgesetzte Vermischungen mit den Frauen des schönsten Menschenschlags der Erde, den Georgincrinncn und Tscherkessinnen, welche als Sklavinnen in den Harchm gewandert sind und noch dahin wandern, hat sich die häßliche Ra«;e des Turkomanen oder