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Zweiter Theil
Entstehung
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Frau besser, als das Kind seiner Magd. Hat ein Türke mehrere Frauen rechtmäßig gcheirathet, so bewohnen diese ihre besonderen Zimmer, haben aber ihren gemeinschaftlichen Diwahn. In diesem empfangen sie Besuche von ihren Freundinnen, rauchen, unterhal­ten und beschäftigen sich entweder mit weiblichen Arbeiten oder mit der Erziehung und Pflege ihrer Kinder; dort verbringen sie den größten Theil des Tages. Wenn andere Frauen sie zu besuchen kommen, ist der Harehm selbst für den Hausherrn unzugänglich. Jeder Türke ehrt die herkömmliche Sitte und verräth durch keine Be­merkung, daß er um den Besuch überhaupt wisse. So können die türkischen Damen ebenso gut ihre Gesellschaften haben und geben, als die unsrigcn, nur ist ihnen nicht vergönnt, einem Männervcr- cin beizuwohnen. Sie gehen aus, machen ihre Spaziergänge und kaufen auf dem Basare ein, ohne daß dadurch das Geheimniß oder die Zucht des Harehm verletzt würde. Auch fühlen sie sich nicht unglücklich; sie sind von Kindheit auf an ihr eingezogenes Leben gewöhnt und wünschen sich gar nicht die Freiheit der Europäerin­nen, sondern verachten diese sogar, weil sie ihre Reize unvcrhüllt zur Schau tragen. Wenn die türkischen Mädchen auch nicht, wie unsere Damen, wünschen können, einstmals eingetheilt das Herz eines Mannes zu besitzen, wünschen sie doch wenigstens, einstmals im Harehm zu herrschen oder die erste Frau eines Mannes zu werden. Heirathet er dann noch eine andere, dann entstehen oft genug die heftigsten Zwistigkeiten zwischen Beiden. Die gegensei­tige Eifersucht seiner Frauen bringt dem guten Türken manche heiße Stunde. Mein arabischer Lehrer und ein anderer Mahammedaner, mit dem ich, ohne daß er mir darum zürnte, über dergleichen ver­pönte Sachen reden konnte, antwortete mir auf meine Fragen: ob denn die Eifersucht der Frauen nicht öfters zu großen Unannehm­lichkeiten führe:Davon sei ganz stille, lieber Chalihl-Effendi, da geht es oft genug bunt durch einander." Und dabei machte er verschiedene und so leicht erklärliche Handbcwegungcn, daß ich dar­aus deutlich ersehen konnte, er meine damit Haarraufcn, Kratzen, Schlagen und andere Thätlichkeiten.

Aber auch mit dem Ehehcrrn giebt es manchmal Zwistigkeiten.