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Zweiter Theil
Entstehung
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von Frauen, welche die sonderbarsten und manchmal sehr unschick­liche Klagen vorzubringen haben, belagert. Der Khadi besitzt die un­begrenzte Macht, solche Dinge zu schlichten, wie er will. Es ist nichts Seltenes, daß ein Ehemann erst durch die Bastonade zu sei­ner Pflicht zurückgeführt wird.

Die Frauen übernehmen im Harchin ganz die Rolle der männ­lichen Bedienten im Diwahn. Wie hier, verläßt auch dort den Türken seine Bequemlichkeit nicht. Sogleich bei seinem Eintritte in daS Frauengemach umgeben ihn Frauen und Sklavinnen, um nach seinen Wünschen zu fragen. Er entkleidet sich und laßt sich dabei von Allen hülfrciche Hand leisten. Beim Ablegen der Binde wirft er derjenigen den Zipfel derselben zu, welche er für diese Nacht unter den Andern erkoren hat. Die Ucbrigen ziehen sich, sobald dies geschehen, zurück und lassen den Gebieter mit der Aus- erwählten allein. Dieser liegt nun die Pflicht ob, den Herrn in Schlaf zu bringen. Sie nimmt einen porösen Stein, wie man ihn auch in den öffentlichen Bädern findet, und streicht ihm damit auf den Fußsohlen hin und her. Für uns Europäer bewirkt dies ein ganz unleidliches Gefühl; der Türke rechnet es mit unter die größ­ten sinnlichen Genüsse.

Wenn die Stunde der Niederkunft einer Türkin herannaht, ist der Harehm für den Hausherrn auf mehrere Tage geschlossen. Die Nachbarinnen und Freundinnen der hülfsbedürftigcn Frau sind nebst der Hebamme im Harehm versammelt. Erst mehrere Tage nach der Geburt darf der Gatte das Wochcnzimmer besuchen. Der erste Ausgang der Wöchnerin geht nach dem Bade, wohin ihr gewöhn­lich die Amme mit dem Säuglinge folgen muß. Dieser wird dann mit manchemNascllalla" undHauen aals'ilm ja radln" (Hilf ihm, o Herr)! bewundert und gepriesen. Seine Erziehung ist in der ersten fünf bis sechs Lebensjahren ganz der Mutter anheimge­geben. Hat das Kind dieses Lebensalter erreicht, dann nimmt es der Vater, wenn es ein Knabe ist, bei Tage auch wohl einige Stunden zu sich oder übergiebt es den Dienern, die es zuerst rei­ten lehren. Die Mädchen bleiben bis zu ihrer Verhcirathung im Harehm und werden von Kindheit aus an das stille und zurückge-