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Zweiter Theil
Entstehung
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Wasser trinkt, dieses hinabrieseln sehen kann, kurz, Herr, sie ist das Wunder ihrer Zeit, lieblicher als der Vollmond, die Herrin der Schönheit und Anmuth, des Liebreizes und Ebenmaaßcs!"

Entspricht ein so geschildertes Mädchen den Erwartungen de­rer, die der junge Mann aussandte, um es zu beschauen und zu prüfen, dann bringt er bei ihrem Vater seine Werbung an. Die­ser bestimmt den Mahhr; der Werbende vereinigt sich mit seinem Vater, um denselben möglichst zu erniedrigen, bis man sich endlich über eine gewisse Summe verständigt. Sobald dies geschehen, gilt das Mädchen als die Verlobte des jungen Mannes, welcher nun anfängt, in kleinen Stückzahlungcn die geforderte ganze Summe abzutragen. Reiche Leute kaufen für ihre mannbar gewordenen Söhne gewöhnlich Sclavinnen, bis sie selbst sich ihr Brod verdie­nen und selbstständi'g um freier Leute Töchter werben können. Sehr gern verbindet man Geschwisterkinder unter einander. Daß der Neffe ebenso gut einen Mahlschatz zu zahlen hat, als ein diesem fremder Brautwerber, versteht sich von selbst, selbst der Prophet muhte Mahhr zahlen, als er um seine Frau warb.

Nachdem die festgesetzte Summe, zu deren Abzahlung oft Jahre nöthig sind, entrichtet ist, bereitet der Brautvater das Hochzeitsfest. Die Zurichtungen sind denen zu der Beschncidung ganz ähnlich, un­terscheiden sich aber wesentlich von den bei türkischen Hochzeiten üb­lichen. Als Hauptsache gilt der Brautaufzug. Unter der bei der Beschneidung beschriebenen Musik seht sich ein Zug, welcher in jeder Hinsicht viel Originelles hat, in Bewegung. Voran gehen sechs bis acht Egypter und führen mit langen Stöcken, ,,Nabuht" (s. S. 50), Scheingefechte aus. Dabei fällt wohl auch ein tüchtiger Schlag auf die Almine und würde ohne sie dem Kopfe gewiß eine derbe Beule zugezogen haben, aber das stört das Vergnügen kei­neswegs. Dann folgen die Musiker mit ihrer abscheulichen Musik und hinter ihnen vier Männer, welche an Stangen einen seidenen, mit bunten Franzen geschmückten Baldachin tragen, unter dem die Braut dahinwandclt. Sie ist reich geschmückt und sorgfältig ge­kleidet, doch sind alle ihre Schönheiten dem Auge verborgen. Auf dem Haupte nämlich wird ihr ein kegelförmiger, wahrscheinlich aus