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Zweiter Theil
Entstehung
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nicht selten. Dann wird von dcm Vater der Braut, um dem Gesetze zu genügen, ein armer Teufel von hübschem Aeußeren un­ter der harten Bedingung gemiethet, ein vielleicht schönes und lie­benswürdiges Weib zu ehelichen und sich, wenn auch von ihrer Liebe und ihren Reizen entzückt und berauscht, in kurzer Zeit wie­der von ihr zu trennen. Aber die Liebe spielt dem mürrischen, ei­nes holden Weibes unwürdigen Manne oft einen gar fatalen Streich. Sie fesselt die Neuvermählten mit ihren Zaubcrbanden und läßt es nicht geschehen, daß man ihr Werk vernichte. Dem, der schnöden Geldgewinnes wegen sich in's Joch der Ehe spannen ließ, gibt sie das Glück der Ehe zu kosten; er weigert sich, das an ihn gebun­dene, von ihm geliebte Wesen von sich zu stoßen. Zwar hat man, um solchen Widerwärtigkeiten zu entgehen, in dem neuen Chever- trage einen bedeutenden Mahhr, den der arme Liebende nicht be­zahlen kann, ausgesetzt, aber die Liebe sucht das unmöglich Schei­nende möglich zu machen und es gelingt ihr. Schon in Tausend und einer Nacht erzählt man uns eine Geschichte*), daß die junge Frau allen ihren Schmuck verkaufte, um dadurch den ihrem geliebten Gemahle von ihrem Vater festgesetzten Mahhr zu bezahlen, und in Egyptenland erzählt man sich ein ganz ähnliches, romantisches Ge- schichtchen, wo der alte Mahammed-Aali ein junges, auf erwähnte Weise zusammengekommenes Ehepaar durch ein bedeutendes Geld­geschenk dauernd verband und glücklich machte.

Wenn auch die Verhältnisse in den mahammedanischen Län­dern ganz andere sind, als die bei uns daheim, die Liebe übt auch dort ihre allmächtige Gewalt aus, auch dort geht sie ihre eigenen Wege und fesselt gar oft, trotz Herkommen und Sitte, zwei Her­zen an einander.

Die Begräbnißfeierlichkciten bei dein Tode eines Mahammeda- ners sind ganz dem Ernste der Religion angemessen. Ich habe ih­rer schon bei Schilderung der Sudahnesen gedacht und füge dem dort Gesagten nur das Egypten Eigenthümliche hinzu.

Die Leiche wird, wie im Sudahn, wenn sie männlichen Ge-

*) Wenigstens in der in Bulakh erschienenen arabischen Ausgabe.

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