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Zweiter Theil
Entstehung
Seite
223
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zu beten, weil uns, denen die von Menschenhänden erbauten Tempel verschlossen bleiben, hier der herrlichste Gottestempel eröff­net wurde und tausend Stimmen die Güte Dessen preisen, der ihn aufgebaut. Und wirklich erklangen alle Büsche und Sträucher von den Stimmen der gefiederten Sänger. Die nordischen Wanderer, welche sich vor dem Winter Europa's nach dem Inneren Afrika's geflüchtet hatten, sind zurückgekommen und weilen noch einige Tage hier, um sich auf fetter Weide zur Winterreise zu stärken. Die heimische Schwalbe fliegt pfeilschnell über die Flur dahin, sie ist aus ihrem uns noch unbekannten Winteraufcnthalte zurückgekehrt und betrachtet noch zögernd ihre egyptische Schwester, die langsame Wachtel verweilt noch in dem fruchtbaren Egyptcn und läßt ihren daktylischen Schlag in den dichtstehcnden Fruchthalmcn erschallen und nur der flötende Pirol verweilt noch mit anderen Sängern im Herzen des glühenden Innern.

Reges Leben herrscht überall, im Wald, in der Flur, in der Wüste. Heiter und fröhlich durchstreift der Freund der Natur die liebliche Gegend. Er labt und freut sich an dem rastlosen Treiben und vorsichtigen Zögern der zur Heimath zurückziehenden Vögcl. Mit Entzücken hört er die singende Grasmücke in dem mannaträu- felnden Tarfastrauche, mit Vergnügen betrachtet er den stolzen Flug des königlichen Adlers. Ihm ist, als wollten die nach seiner Hci- math Ziehenden sich dorthin Grüße auftragen lassen. Sie sind ihm so bekannt, so heimisch. War denn nicht der Staar, der noch vor einem Monate hier auf dem Rücken der Büffelsein heimath­lich Lied" sang, aus dem kleinen Dorfe, in dem er geboren wur­de? Wohnt nicht vielleicht dieselbe Schwalbe, welche jetzt ihre stahl- glänzenden Flügel im Sonnenstrahl spiegelt, in einem Hause sei­ner Vaterstadt? Und wenn er, der Mensch, an dem heutigen Tage seine Heimath schmerzlich vermißt, erscheinen ihm nicht alle die herrlichen Geschöpfe, die er heute belauschte, wie liebe Bekannte aus der Heimath; fordern sie ihn nicht in ihrer Fröhlichkeit auf, auch fröhlich zu sein? Ja und wahrhaftig, in diesem Eden, das sich jetzt der Frühling hier erschaffen, muß der Mensch fröhlich und heiter werden, aber auch ernster wird er. Denn wenn er die tau-