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Zweiter Theil
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send Mysterien der heiligen Natur so vor sich ausgebreitet sieht, wenn er nicht Raum im Herzen findet, Alles, Alles so zu erfas­sen, wie er wohl wünschte, da falten sich, ihm unbewußt, die Hände und die Lippen sprechen das Gefühl des innersten Herzens aus:Herr, wie sind Deine Werke so groß und so viel, Du hast sie alle weislich geordnet und die Erde ist voll Deiner Güte!"

Eine solche Wanderung ist Gebet, und wenn ich heute auch in keine Kirche gekommen war, ich hatte Nichts verloren.

Wenn ich so von der Jagd zurückkehrte, führte mich mein Weg öfters an einer halbverfallenen Hütte vorüber, neben welcher ein über und über mit Nageln beschlagener alter Baumstrunk lag. An allen Nägcln hingen größere oder kleinere Klcidcrfetzen. Man ertheilte mir hierüber folgende Auskunft. In der Hütte liegt ein Schech, welcher bei Lebzeiten ein Heiliger und großer Arzt war, begraben. Der Heilige wirkt auch noch nach seinem Tode fort. Wer im Dorfe krank ist, geht hin und schlägt einen Nagel in den Stock, auf welchem der fromme Mann ruhte und bindet ein Stück, resp. einen Lumpen von seiner Kleidung um den Nagel. Dann ruft er den Schech um Erhörung an und betet einige Rakaat*) auf seinem Grabe in der Hütte. Die Krankheit vergeht durch des Heiligen thätige Hülfe in kurzer Zeit. krobatum est, denn mehr als tausend Nägel stecken bereits in dem alten Baumstamme.

Am 14. April verließ uns Baron von Wrede, um in Alerandrien Geld und Provisionen zu holen. Er kehrte erst am I.Mai zurück und brachte das uns Fehlende in hinreichender Menge. Bor einigen Tagen hatten wir auch das Vergnügen, hier eine großartige Fanthas're. zu sehen. Es wurde eine Hochzeit gefeiert, bei welcher man auf dem freien Platze vor unserem Hause, dem Fischmarkte, theatralische Aufführungen gab. Es waren freilich nur die Erzeugnisse der ärmlichsten Phantasie, aber die Spieler, wun­derlich und phantastisch herausgeputzte Fischer, spielten vortrefflich.

Siehe S. 89.