Schafwollwaaren-Fabrication sechs bedeutende Etablissements, die unabhängig von der Handarbeit, durch ihre mit den neuesten Erfahrungen gleichen Schritt haltende Maschinenwirthschaft ein Bild des rührigsten Fabrikswesens boten, und bald erschien auch die früher nicht beachtete Wollwaaren-Industrie Oesterreichs auf dem Weltmärkte.
Die ersten Artikel, welche als österreichische Wollwaaren auf dem Weltmarkt einen Ruf erlangten, waren die W arnsdorfer halbwollenen Hosen- und Westenzeuge, hierauf kamen solche, die bis dahin nur in England erzeugt worden waren, die Merinos, Satins und Thibets. 1843 waren es besonders zwei Artikel aus hartem Kammgarn, die von England herüber kamen und in Oesterreich durch die kolossale Massenproduction und den reissenden Absatz, den sie fanden, für die Etablissements, die sich ihrer Erzeugung zuwendeten, mit den Grundstock für ihre jetzige Grösse legten, nämlich die Orleans und Mohaire.
Diese Fabriksunternehmungen vereinigten bald unter einheitlicher Leitung Weberei, Färberei, Appretur und auch Druckerei miteinander, lenkten binnen Kurzem die Aufmerksamkeit der industriellen Welt mit Recht auf sich und Hessen eine grosse Zukunft erkennen. Sie, die nun schon Tausende von Arbeitern beschäftigten, stellten die ersten Kraftstühle auf, sie verwandten zu ihren einzelnen Artikeln ausser dem weichen und harten Kammgarn auch Baumwolle, Seide und Streichgarn. Aus ihren Druckereien giengen schon in den Vierzigerjahren bedruckte Umhängtücher und Shawls hervor, welche nicht nur im Inlande einen grossen Absatz erzielten, sondern auch bis in die entferntesten Welttheile den Ruf der österreichischen Industrie trugen und auf dem Weltmärkte tonangebend waren.
Diese Firmen, welche so eingreifend an dem Aufbau des Weltrufes der österreichischen Wollwaaren- Gross-Industrie mitgearbeitet haben, sind als erste und älteste Fabriksunternehmung in dieser Branche Johann Liebieg & Co. in Reichenberg, und nach deren Gründung Franz Liebieg in Dörfel, Blaschka & Co. in Liebenau,
F. Schmitt in Böhm.-Aicha, lg. Klinger in Neustadtl und Jungbunzlau und E. Heintschel & Co. in Heinersdorf.
Der Begründer der erstgenannten Firma kann mit Recht auch als Schöpfer der österreichischen Woll- waaren-Gross-Industrie genannt werden. Er war der Erste, der durch richtiges Erfassen der Situation, Ausdauer und Energie den Impuls zur Umgestaltung der ganzen Woll- manufactur nach englischem System gegeben hat. Er hat auf seinen Reisen in den Jahren 1825 und 1827 nach Frankreich und England jene mächtigen Eindrücke erhalten, welche ihn bewogen, auch in unserem Lande die Stoff-Fabrication in grossartigstem Style ins Leben zu rufen.
Mit sehr geringen Mitteln, aber unermüdlichem Fleisse und gründlicher Geschäftskenntnis warf sich Johann Liebieg in seinem 1828 gegründeten Unternehmen zuerst auf die Warnsdorfer Fabrikate, dann aber auf die von England eingeführten Erzeugnisse aus harten und weichen Kammgarnen und pro- sperirte in kurzer Zeit so, dass er in zahlreichen Ortschaften des Isergebirges Factoreien ins Leben rufen konnte.
Für die Leitung derselben gewann er bewährte fachkundige Männer, die in den angrenzenden Webereibezirken theils sesshaft waren, theils zur Niederlassung daselbst veranlasst wurden, und welche eine Anzahl Hausweber, deren Zahl mit der Zeit auf 6000 stieg, in der Art beschäftigten, dass sie von denselben über Auftrag der Fabrik Gewebe anfertigen Hessen, um diese dann an letztere abzuliefern. Diese Factoren gründeten nach mehrjähriger Verbindung in der Folge selbstständige Geschäfte oder traten im Laufe der Zeit in ein unmittelbares Dienstverhältnis zu jenen und bildeten so den Kern verlässlicher, dem Hause treu ergebener Hilfsarbeiter.
Mechanische Wollwaaren-Weberei 1898,
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