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den Zögling abholen und ihn um '^8 Uhr abends wieder zurück­bringen. Später, wie das Actenmaterial zeigt, ist dieser Gebrauch abgekommen. Heutzutage sind es die hohen Festtage, wie z. B. der Weihnachtstag, und jeder erste Sonntag im Monate, an denen die Zöglinge ausspeisen dürfen. Überdies kommen ihnen noch, wenn sie Angehörige haben, die sie zu sich nehmen, sechs Wochen Ferien zugute.

Einer solchen Freiheit hatten sich die Zöglinge des Pensionats in der guten alten Zeit nicht zu erfreuen. Nur aus Gnade und aus direetes Anstichen wurde ihnen während der Ferien ein Urlaub von 4 bis 6 Tagen*) vom Curator ertheilt. Zu den Zeiten, als Theresia Richter Obervorstehcrin wurde, hatten die Zöglinge nur zwei Ausgangstage während des Jahres; nach und nach steigerten sich diese jährlichen Ansgänge bis auf sechs. Diese Frenden- tage scheinen aus die Gemüther der damaligen Pensionärinnen von allzu großer Macht gewesen zu sein. Am 11. August 1819 be­klagte sich die Obervorsteherin bitter über die üblen Folgen dieser Ausgänge: sie seien Ursache, dass sich unter den Zöglingen ein ge­wisser Freiheitssinn, Unfolgsamkeit und Widerspenstigkeit verspüren lassen. **)

In Zukunft", verordnete deshalb Kaiser Franz,soll weder den Stift noch den Kostzöglingen gestattet werden, mehrere Tage außer dem Hause, bei ihren Eltern, Anverwandten oder Bekannten zuzubringen, und auch dann, wenn die Frau Obervorsteherin dafür einschreiten sollte, darf es nur zu Eltern oder nahen Ver­wandten, wenn sie in gutem Rufe stehen, erlaubt werden, oder wenn billige Rücksichten eintreten und dadurch keine Sittcnver- derbnis zu besorgen steht, in jedem Falle aber sind sie durch die Eltern selbst oder jemand Berlüsslichen abzuholen und wieder zurückzuführen." ***)

*) Act. der Statth. Nr. 170 ex 1818.

**) Act. der Statth. Nr. 139 ex 1819.

***) Act. der Statth. Nr. 194 ex 1819.