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tretenden Zöglinge. Diese Zeugnisse sollten die einzelnen Unterrichts­zweige nicht mehr speciell aufführen, sondern bloß andeuten, dass das betreffende Mädchen so und so viele Jahre im Pensionat war, im theoretischen und praktischen Lehrcurs, in den höheren deutschen Gegenständen, im Französischen, Italienischen, im Clavierspicle und in den weiblichen Arbeiten diese oder jene Fortschritte gemacht habe, was sie zur Anstellung als Lehrerin für diese oder jene Kategorie öffentlicher Mädchenschulen befähige.*)

*) Trotz dieser wohlthätigen Reform des Lehrplanes machte man im Jahre 1847 doch die wenig erfreuliche Wahrnehmung, dass inländische Fa­milien ihre Töchter vorschriftswidrig in Erziehungsinstitnte des Auslandes schicken; weniger war das in Wien fühlbar als in den Provinzen, welche an das Ausland grenzten; in der Haupt und Residenzstadt hingegen trat der Fall ein, dass Erzieherinnen aus dem Auslande gesucht und willkommener waren, als die, welche im k, k. Civil-Mädchen-Pensionat oder im k. k. Officicrs- töchter-Jnstitut von Hernals ihre Ausbildung erlangt hatten. Als Grund dieser betrübenden Erscheinung führte man verschiedene Umstände an: die Existenz der beiden mit kaiserlicher Mnnisiccnz erhaltenen Institute sei im größeren Publicum so viel wie gar nicht bekannt; auch herrsche hie und da das Bor­urtheil, Ausländerinnen leisten im Erziehuugsgeschäfte Besseres als Inlände­rinnen; gewisse Stände gaben den Engländerinnen, die auch den Unterricht im Französischen zu ertheilen vermögen, den Borzng vor den heimischen Gou vernanten; andere Familien vertrauen ihre in den ersten Lebensjahren stehenden Kinder französischen oder schweizerischen Kindermädchen, sog. Bonnen an, die dann ohne große Tauglichkeit für das Erziehnngswesen gleichwohl den Cha­rakter von Erzieherinnen annehmen, und als solche auch Unterkommen finden; mit Mädchen, die bei den Ursnlinerinnen den pädag. Curs vollendet haben, und die sich außer der ihnen gegebenen Bestimmung des Unterrichtes und der Aufsicht über Kinder auch noch zu mancherlei anderen Dienstleistungen im Haushalte herbeilassen, mit denen begnügen sich minder bemittelte Familien; und endlich fand mau auch einen triftigen Grund in dem Umstände, dass da­mals in Österreich keine Lehrbücher für höhere Gegenstände, als Geographie, Physik, Ästhetik für das weibliche Geschlecht bestanden. (Bericht der n.-ö. Landes­regierung Nr. 49869/2282 ex 1847 anlässlich der Errichtung einer dritten Classe an den damals bestehenden zwei k. k. Mädchenschulen.)