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berühmten Sprachforscher aus Leipzig, Rudolf Hildebraud, in er­schöpfender und vorzüglicher Weise gezeigt worden ist.*)Das Ohr, diesen großen Kritiker und Lehrer aller sprachlichen Darstellung, dieses wundervolle Organ, in welchem eine unsichtbare Welt von sich Kunde gibt, in welchem das Brausen des Sturms, das Rauschen des Bachs, der rollende Donner, das leiseste Flüstern, die herbsten Dissonanzen, die süßesten Melodien vernommen werden",**) für alle Klangfarben der Sprache, empfänglich zu machen, ist bei dem Sprachunterricht von größter Bedeutung. Auch in späterer Zeit maß man diesem Umstände großen Wert bei. Mit Entschiedenheit ver­langte man:der Bortrag soll feurig und reizend sein, damit er die Schülerinnen fessle und hinreiße".

In methodischer Hinsicht interessiert noch die Frage: Welches Lesebuch war im Pensionate in Verwendung?Sulzers Vor­übungen***) zur Erweckung der Aufmerksamkeit und des Nach-

*) Vom deutschen Sprachunterricht in der Schule. Leipzig. Klink- hardt. 1879.

Emil Palleske. Die Kunst des Vortrags. Stuttgart 1884. S. 19.

***) Joh. Georg Sulzer, ein tüchtiger und namentlich als Ästhetiker viel­genannter Schriftsteller des vorigen Jahrhunderts; geboren 1720 in Winter- thur, das jüngste von 25 Kindern, verlor er 14jährig Bater und Mutter an einem Tage, fand in Zürich Gönner an Bodmer, Breitinger und Geßner, studierte besonders die Wolfs'sche Philosophie und das Pflanzensystem Linnss, wurde Hilfspredigcr im Kanton Zürich, dann Hauslehrer in Magdeburg, 1747 Professor zu Berlin, zuerst am Joachimsthaler Gymnasium, später an der Ritterakademie, auch Mitglied der Akademie der Wissenschaften und starb 1799. Sein Erstlingswerk, dieMoralischen Betrachtungen über die Werke der Natur" gab Sack in Berlin 1741 heraus; es wurde auch ins Französische übersetzt. Er schrieb außerdem eiuen kurzen Inbegriff aller Wissenschaften, übersetzte Humes berühmte Untersuchung über den menschlichen Verstand; sein Hauptwerk aber war die allgemeine Theorie der schönen Künste (Leipzig 1771 und oft), ein ästhetisch-philosophisches Wörterbuch, ergänzt durch Blaukenburg, Dyk und Schatz. Sulzers Selbstbiographie gaben Merian und Nicolai heraus. Berlin 1809. Sulzers Vorübungen, die auch im Joachimsthaler Gymnasium im Gebrauche waren, sind zu Berlin und Stettin (Nicolaiische Buchhandlung) erschienen.