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und Querfragen den Beobachtungsgeist, die Überlegung, den Ver­stand, das Urtheil und den Witz schärfen, das sittliche Wcrturtheil hervorlocken, das Schöne in Wort und Bild, in Schall und Ton die Jugend empfinden lassen; das Schreiben mit dem Inhalte des Gelesenen in Verbindung bringen, nicht Wort für Wort dictieren sonderneinen Einschnitt", nämlich einen Satz, auf einmal; die Jugend lehren, wie man Gedanken findet, und wie man sie selbst anordnen, unterordnen, beziehungsweise überordnen muss; richtige Sachkenntnisse vermitteln, für wohlthuende Abwechslung sorgen, damit sich nicht Langweile und Verstimmung einstelle; dem jungen Geiste, wie Lessing*) gezeigt hat, zum Erfinden Gelegenheit bieten; des Schülers eigene Weisheit für wertvoller halten als die fremde und abgeborgte, denn Mehl lässt sich nicht säen, und aus gekochten Eiern kommen keine Küchlein: das sind die methodischen Grundsätze, nach denen Sulzers Vorübungen behandelt werden mussten.

Im Jahre 1826 befriedigten die Declamations-Übungen nicht. Die Schulaufsicht vermisste die Frische und Bestimmtheit des Ausdruckes. Es gebrach also an der richtigen Tonmessung. Der Studien-Hof-Commission hingegen wäre es in diesem Falle gar nicht lieb gewesen, wenn solche junge Mädchen schondreust und kunstvoll ihre deklamatorischen Übungen hersagten". Wie doch die Meinungen in einer und derselben Sache verschieden sein können! **)

In den Zwanzigerjahrcn legten die Pensionärinnen bei ihren Reden und Antworten gar Zimperlichkeit an den Tag. Sie ver­gaßen also die richtigeTonmessung" zu beachten. In einer auf diesen Umstand Bezug nehmenden Weisung heißt es nämlich:Es ist darauf zu sehen, dass die Zöglinge, die an sie gerichteten Fragen mit auf den Fragenden gewandten Blicke, stets zwar mit Bescheiden­heit, aber immerhin auch furchtlos und mit lauter, vernehmlicher

*) Bergt, den 5. Abschnitt von Lessings Abhandlungen über die Fabel.

**) Act. der Stud.-Hof-Com. Nr. 6198/1498 ex 1826.