Unter diesen Umständen schien sich dem Nachsuchen von Talklagern in den Tauern behufs Verwerthung eine glänzende Zukunft zu eröffnen, und deshalb gründete denn auch der Bergingenieur Adolf Brunner, ein tüchtiger Geologe, der mit richtigem Geschäftsblick die Bedeutung des Talkes für den Handel erfasst hatte, sein Unternehmen.

Im Sommer des Jahres 1873 unternahm Adolf Brunner im Magdwiesthale nächst Mautern Schürfungen auf Talkstein, welche Arbeiten nach dreijähriger Dauer den Beweis lieferten, dass hier ein abbauwürdiges Talk­steinlager vorhanden ist. An der Grenze, wo die krystallinischen Schiefer von den silurischen Schiefern über­lagert werden, und als Uebergangsglied eine ziemlich mächtige Schichte von philitischem Schiefer lagert, zieht sich, ca. x / 2 km nordöstlich vom Markte Mautern beginnend, eine dolomitische Kalkablagerung in einer durch­schnittlichen Mächtigkeit von 1215 m in der Richtung nach Nordwest in einer bereits nachgewiesenen Streichungs­ausdehnung von ca. 1000 m, welche nahezu parallel mit dem sogenannten Magdwiesgraben nächst Mautern lagert. Das Streichen dieser Ablagerung ist 22 h. Durchschnittlich ist das Einfallen der gedachten Ablagerung fast senkrecht und variirend bald etwas östlich, bald ein wenig westlich, doch immer bleibt das Verflachen ein sehr steiles. Diese Ablagerung erhebt sich über die Thalsohle bis zu Tage ersichtlichen Kuppen von 60 m und darüber. Auch in die Teufe geht dieselbe, so weit es bisher constatirt werden konnte, weit unter die Thalsohle. Anliegend an den Seitenflächen dieser kalkhältigen Ablagerung liegt an beiden Seiten der Talkstein theils compact in Stücken, theils in mehr zerkleinertem, fein zertheiltem Gefüge und wechselt in seiner Mächtigkeit von ca. 3o cm bis zu i3 ocm; auch kommen enorme Mächtigkeitsausdehnungen von 23 m nicht selten vor.

Als normal finden sich also zwei Talklager vor, nämlich das eine westlich der besprochenen dolomitischen Ablagerung, das andere östlich derselben. Das erstere hat die philitischen Schiefer zum Liegenden, somit den Dolomit oder dessen Ablagerung zum Hangendgesteine und wird als Liegendlager bezeichnet. Das östliche Talklager hat zum Hangendgesteine einen sehr talkhältigen schwarzen Thonschiefer dem Graphitschiefer sehr ähnlich als liegend somit die Ablagerung des dolomitischen Kalkes. Der schwarze Hangendschiefer ist in der Regel weich und erleichtert dadurch den Abbau des Talklagers.

Nach Beendigung der Schürfungs- und Vorbereitungsarbeiten für einen geeigneten Abbau der Talksteinlager wurde der geregelte Betrieb des Bergbaues erst mit dem 1. Juli 1876 aufgenommen. Zu jener Zeit wurde auch mit der Einrichtung der Mahlmühlen und Raffinirwerkstätten begonnen, welche Einrichtungen im Laufe der folgenden Jahre namhafte Verbesserungen und Ausgestaltungen erfuhren. Der Talkstein wird durch streng berg­männischen Betrieb unter Tags gewonnen, gegenwärtig bereits in den Teufen bis zu 190 m unter der Sohle des Magdwiesthales. Der Förderschacht hat eine Teufe von 200 m; daselbst ist eine Förderungsmaschine von 16 HP in Betrieb und zugleich die Mannesfahrt am Seile eingeführt. Die Wasserhebung wird durch Pulsometer bewirkt. Der Einbau einer neuen Wasserhaltungsmaschine steht unmittelbar bevor.

Um die in der Grube gewonnenen und zu Tage geförderten Talksteine in ein verkäufliches Product zu verwandeln, werden dieselben vorerst der Handscheidung (Sortirung) nach den Farbennuancen unterzogen. Sodann erfolgt die Trockenaufbereitung. Nach derselben gelangt der Talkstein im vollkommen trockenen Zustande zu den Mahlmühlen (Raffinirwerken), wo er zu feinstem Pulver verarbeitet wird. In dieser Form gelangt er zur Verpackung. Starke Jutesäcke werden, je einer mit einem Quantum von 100 kg, gefüllt und sodann zum Versandt gebracht. Gegenwärtig erzeugt das Unternehmen sieben Sorten von I'ederweiss. Die Mühlen (Raffinirwerke) liegen in der nächsten Nähe des Bahnhofes in Mautern und werden durch Wasserkraft betrieben; die hiebei zur Verwendung gelangende Kraft hat eine Stärke von 60 HP. Bezüglich der Production sprechen folgende Zahlen eine deutliche Sprache: In den Betriebsjahren 1873 bis inclusive 1875 wurden 125 Waggons erzeugt und ab­gesetzt, den Waggon zu 10.000 kg gerechnet. Schon in den folgenden Jahren steigerte sich der Absatz derart, dass in der Periode vom 1. Jänner 1876 bis 3i. December 1885 allein 1879 Waggons in den Handel gebracht wurden, mit einem Durchschnittsquantum von ca. 188 Waggons jährlich. In der dritten Periode seit dem Bestehen des Unternehmens, beginnend mit 1. Jänner 1886 und endigend mit 3i. December 1895, wurden 2808 Waggons ver­laden und versandt, das verkaufte Durchschnittsquantum der dritten Periode beträgt somit jährlich 281 Waggons Federweiss. Die gegenwärtige Erzeugung beläuft sich jährlich in allen Sorten zusammen auf 45.000 bis 50.000 q und wird diese Leistung von keinem anderen Werke gleicher Art in der österreichisch-ungarischen Monarchie übertroffen.

Die Absatzgebiete des Unternehmens dehnen sich über Oesterreich-Ungarn aus; Brunners Federweiss hat Eingang gefunden in Deutschland, Schweiz, Frankreich, England, Finnland und Russland. Der in den vorstehend be­schriebenen Gruben gewonnene Talkstein geniesst wegen seiner Reinheit und feinen Mahlung bei den Papierfabriken, Leinenappreturen und Bleichereien, Seifen- und Gummiwaarenfabriken des In- und Auslandes den besten Ruf.

In dem Talksteinwerke des Unternehmens stehen ausser 3 Betriebsbeamten 105 männliche und 20 weibliche Personen in Arbeit. Die gesetzlichen Vorschriften für die Bruderladen werden streng durchgeführt und auch sonst ist der Eigenthümer vom Anfänge an bestrebt gewesen, das Loos seiner Arbeiter günstig zu gestalten. Die Vor­kehrungen für die Sicherheit des Lebens der in der Grube Arbeitenden sind nach den gesetzlichen Vorschriften in bester und umfassendster Weise getroffen.

Der Alleinverkauf der gesammten A. Brunnerschen Talkerzeugnisse wurde der Firma Ludwig König & Sohn, Wien, I., Schulerstrasse 22, übertragen; die technische Oberleitung des Unternehmens besorgt der Werks­inhaber A. Brunner selbst.

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