Dieser Zustand hielt nicht lange an, denn seit i8g3 sind für die Klinkertrottoirs, welche für Wien und Umgebung gestattet werden, 5 cm dicke Klinker vorgeschrieben. Hiedurch wurde den Schattauer Erzeugnissen ihr altes Terrain wieder zurückgegeben, da die Feinklinkerfabriken vornehmlich nur 3 cm dicke Steine erzeugen. Dazu kommt, dass die Feinklinker beim Begehen, namentlich im Winter, glatt und gefährlich für die Fussgänger werden, während das Schattauer Material stets eine gewisse Rauhigkeit behält und dem Fusse, selbst im Winter und bei feuchtem Wetter, einen guten Halt bietet. Im Jahre 1890 aber konnte nicht vorhergesehen werden, dass diese Wandlung so bald eintreten werde; deshalb entschloss sich die Firma im Jahre 1891, die Klinkerfabrik durch Angliederung einer Feinklinkerfabrik für farbige Fussbodenplatten (sogenannte Mettlacherplatten) zu vervollständigen. Nachdem der Chef der Firma im Jahre 1891 diesen Fabricationszweig in Deutschland durch Bereisung genau kennen gelernt hatte, wurde im Jahre 1892 zur Ausführung der umfangreichen Anlage geschritten und diese noch in demselben Jahre in Betrieb gesetzt. Die maschinelle Anlage wurde nach den neuesten Erfahrungen eingerichtet und unter Anderem auch mit zwei patentirten Kreispressen ausgestattet; die Material-Mischungen konnten noch im selben Jahre erprobt, die Ofenanlagen nach dem bewährten Principe der alten Klinkeröfen, die einzelnen Kammern jedoch dem Zwecke ent­sprechend bedeutend grösser, erbaut werden. Der Erfolg war sehr befriedigend, denn bereits die ersten Fabricate zeigten eine Schönheit in Form und Farbe, welche die eigenen Erwartungen übertraf und der Waare bei ihrer Ein­führung auf dem Wiener Markte sehr zu statten kam, so dass die Schattauer Feinklinker und Fussbodenplatten sogleich in die Reihe der ersten Fabricate Oesterreichs traten. Dieser Rang wird seither unbestritten behauptet; der fortgesetzt steigende Zuspruch gibt hievon beredtes Zeugnis.

Um die Thonplattenproduction zu vervollständigen, wurde vor drei Jahren auch die Herstellung von glasirten Wandverkleidungsplatten in Angriff genommen; dieselben kommen nunmehr den besten derartigen Erzeugnissen gleich und sind seit zwei Jahren auf dem Wiener Baumarkte gut eingeführt.

Für die gewöhnlichen Schattauer Klinker hat sich in jüngster Zeit eine besondere Anwendung ergeben bei den Wiener Verkehrsanlagen. Dieselben wurden nämlich nach vorgängigen Versuchen im Kleinen, wie bei der Sohlenreconstruction der Choleracanäle und der Herstellung der Bachcanäle, zur Auskleidung der Sohlen und Wände der Sammelcanäle bei den Wiener Verkehrsanlagen verwendet, und zwar in grossen Massen, weil die Härte und Festigkeit des Materials die Dauer desselben verbürgt, welche auch schon praktisch erprobt ist. Ferner wurden diese Steine in Mauerziegelformat auch beim Baue von Stadthäusern, namentlich für Erdgeschoss-Kaufläden und Waarenmagazine zur Anwendung gebracht, und zwar wegen der grossen Tragfähigkeit des Materials und der viel grösseren Feuerbeständigkeit desselben im Vergleiche zu natürlichem Steinmaterial, wie Granit, Marmor und Sand­stein. Das gleiche Schattauer Fabricat wird in den Jahren 1898 und 1899 bei einigen Wienflussübergängen zur Einwölbung verwendet.

Schliesslich sei noch auf eine wichtige Verbesserung der Schattauer Trottoirplatten hingewiesen, welche durch den Uebergang von der nassen Methode der Verarbeitung zur trockenen bewerkstelligt wurde; vier grosse hydraulische Ringpressen neuen Systems arbeiten mit bestem Erfolge. Durch Einführung der Trockenpress­methode stellt sich das gewöhnliche Schattauer Material auch an Schönheit der Form und Farbe ganz ähnlich den Feinklinkern und ist, da es ausserdem die mehrerwähnten Vortheile besitzt, für Trottoir- und Hofpflasterungen ausserordentlich beliebt und gesucht.

Die Schattauer Fabrik ist insoferne günstig situirt, als dieselbe unmittelbar an der Station Schattau der österreichischen Nordwestbahn liegt, nur durch eine Zufahrtstrasse vom Bahnhofe derselben getrennt. Diese Lage ermöglicht auch die Benützung der freien Bahnhofflächen zu Depotplätzen für fertige Waaren. Die zu der Fabrik gehörigen Liegenschaften ziehen sich der Bahn entlang zu beiden Seiten des Bahnhofes und umfassen gegenwärtig ca. 60 Joch. Diese Gründe liefern das Hauptmaterial zur Erzeugung der Schattauer Klinker und reichen noch für ein halbes Jahrhundert und mehr aus. Die Rohmaterialien für die anderen Fabricationszweige werden grösstentheils in der Nähe von Schattau und Znaim gewonnen und per Bahn zugeführt.

Als Brennmaterial wird Braun- und Schwarzkohle aus dem Duxer, dem Ostrauer und den oberschlesischen Revieren verwendet.

Die Fabriksgebäude bestehen in 4 Ofenhäusern, davon 2 für gewöhnliche Klinker, 1 für Feinklinker, 1 für Steinzeug und feuerfeste Waaren, sowie 1 für glasirte Platten. Sämmtliche Ofenhäuser sind mit Trockenböden versehen, die sich oberhalb der Oefen befinden, von denen gegenwärtig 24 der gewöhnlichen Klinkerproduction, 8 für Steinzeug und Chamotte, 14 für Feinklinker- und Mosaikplattenerzeugung und 3 für glasirte Wandverkleidungs­platten dienen. Die maschinellen Einrichtungen sind den Leistungen der Oefen gegenwärtig genau entsprechend. Ausser diesen 4 Hauptgebäuden sind noch 2 grosse Maschinenhäuser, die angebauten Kesselhäuser, eine grosse Anzahl Thon-, Kohlen- und Materialschuppen und endlich an 3ooo m 2 geschlossene Schuppen für die Feinklinker zu erwähnen. In diesen Gebäuden werden jetzt jährlich erzeugt:

1. ca. 3,500.000 Stück Schattauer Strassen- und Trottoirklinker,

2. 20.000 m Steinzeugröhren und ca. 200.000 kg andere Steinzeugwaaren,

3. 3oo.ooo kg feuerfeste Ziegel und andere feuerfeste Waaren,

4. 4,000.000 Stück Feinklinker und färbige Fussbodenplatten, Mettlacher Art,

5. 150.000 Stück glasirte Wandverkleidungsplatten.

Das Administrationsgebäude der Fabrik enthält auch die Wohnräume für den Director und zwei Beamte; ausserdem befinden sich noch an der Strasse gegen Schattau'ein stockhohes Beamtenwohnhaus und zwei Wohn-

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