in der Glashütte, um das Material nicht zu sehr «blesicht, federicht, wölket, blatterich, steinig oder

griesslich» werden zu lassen, doch ist man von der absoluten Reinheit und Durchsichtigkeit noch weit

entfernt. Unser damaliges «Waldglas» steht sehr zurück gegenüber den hochentwickelten technischen Fertigkeiten von Venedig-Murano, das in der Welt des 16. Jahrhunderts als unerreichtes Vorbild überall gepriesen wird. Einzelne venezianische Specialitäten, so namentlich gekniffene Arbeiten oder Fadengläser werden freilich etwas vergröbert nachgemacht, letztere nicht nur in Schlesien, sondern z. B. auch

im Böhmerwalde, wo uns in dem ältesten Glashüttencontract von Wilhelmsberg auf der Herrschaft

Gratzen aus dem Jahre 1608 ausdrücklich «weiss geschniertte Gläser» genannt werden. Bisweilen werden auch venezianische Objecte nur als Halbproducte aufgefasst und bei uns noch weiter veredelt, indem man «mit demand allerley laubwerck und schöne züge reisset».

Aber das klare Glas von Venedig eignet sich doch nur für den klaren Wein. Mathesius sagt diesbezüglich: «Ein roter wein steht wahrlich schön in einem weissen vnd klaren Venedischem glase.» Das vorherrschende, landesübliche Getränk war aber das Bier, das in seinem Aussehen noch gar Manches zu wünschen übrig Hess. Kein Wunder, dass sich die heimische Glasproduction mit der Vergröberung venezianischer Originale auf die Dauer nicht zufriedenstellen konnte, sondern selbstständige Wege ein­zuschlagen gezwungen war. Das grünliche Waldglas entspricht dem nicht ganz appetitlichen Gebräu der Renaissance besser, ja die grünliche Färbung ursprünglich ein nothwendiges Uebel wird sogar künstlich mit «hamerschlag» gesteigert. Aber selbst so waren die «vnfletigen grossen willkommen, narrengleser, die man kaumet auf heben kan», noch zu durchsichtig, um die früheren Holztrinkgeschirre ganz verdrängen oder mit den ebenfalls beliebten Steinzeugkrügen erfolgreich concurriren zu können. Man macht aus der Noth eine Tugend und bedeckt fast die ganze Mantelfläche der Humpen mit opaker Malerei, zunächst in Oel- und Mastixfarben, bald aber auch in Emailfarben, mit denen man «allerley bildwerck vnd Sprüche im küloffen brennen» lässt. Die gewöhnlichsten Darstellungen, die sich beiläufig zwei Jahrhunderte fast unverändert behaupteten, waren zunächst auf den Reichsadlerhumpen «das heilige römische Reich mit sammt seinen Gliedern», ferner der Kaiser mit den Kurfürsten, Apostel, Karten­blätter, die Lebensalter, Genrebilder und besonders Wappen einzeln oder zu zweien. Unsere Abbildung führt ausser einem Deckel-Willkomm mit dem obligaten Reichsadler, der als vielfach vorgeschriebenes Zunftmeisterstück an allen Orten übereinstimmend vorkommt, drei Gläser an, die die Provenienz aus Böhmen nicht verleugnen, sowie auch ein landläufiges Fichtelgebirgsglas mit dem waldreichen Berge Ochsenkopf, das der nahen Grenze wegen noch mitgezählt werden kann, zumal wir die in Böhmens Glas-Industrie urberechtigte Familie Wander auch im Fichtelgebirge vertreten finden. Ein Familien­mitglied desselben Geschlechtes, das den bedeutendsten Glasmeisterfamilien der Schürer von Waldheim und der Preissler angegliedert werden muss, war auch jener Glasmaler Georg zu Friedrichswald bei Reichenberg, der im Jahre 1617 das abgebildete, jetzt im Museum schlesischer Alterthümer zu Breslau befindliche Deckelkännchen gemacht hat. Aber auch der Lobkowitzhumpen von 1579, der sich in Raudnitz befindet, sowie das den Grafen Buquoy gehörige interessante Glas mit dem Wappen der Wartenberge verdienen besondere Beachtung; spielt doch gerade das letztgenannte Geschlecht, wie jene der Berka von Duba, Smiritzky oder Rosenberge in den älteren Zeiten eine nicht unwesentliche Rolle in der Glas­industrie von Böhmen, da sie im Bereiche ihrer Waldherrschaften den Hüttenbetrieb nach Kräften för­derten. Eine mächtige Patronanz war nichts weniger als überflüssig, zumal Kaiser Maximilian II. im Jahre 1570, von übermässiger Sorge um den Waldbestand verleitet, dem Hüttenbetriebe Grenzen setzen zu müssen glaubte.

Unter dem grössten habsburgischen Kunstmäcen auf dem Kaiserthrone, unter Rudolf II., kam auch für die Glas-Industrie und Glasdecoration die Blüthezeit. Waren schon früher «gleserne gefess sehr gemein vnd wolfeil worden», wendete sich nun die besondere Aufmerksamkeit der technischen Ver­vollkommnung und vor Allem der künstlerischen Veredlung zu, sowohl im engsten Bereiche der einzelnen Glashütten, deren Zahl beträchtlich wuchs, als auch am Sitze des Kaiserhofes in Prag, wo die Glaser mit den Malern, aber auch mit den Bildschnitzern und Perlheftern zu einer Zunft vereinigt waren. Das Beste schufen natürlich die hofbefreiten Künstler und Kunsthandwerker, ein auserlesenes, internationales Völklein mit vorwiegend deutschen Elementen. In diesem Kreise wurden unter Rudolf II. die Grundsätze

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