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gearbeitet. Ueber das Leben Caspar Lehmanns und auch seines Verwandten Paul Lehmann, des Stein­schneiders, der ebenfalls aus Uelzen nach Prag kommt und in den Jahren 16091637 nachweisbar ist, kann man in alten Urkunden Manches finden, dagegen gibt es unseres Wissens nur ein signir- tes Werk seiner Kunst, das sich bis auf unsere Tage erhalten hat: das Frauenberger Glas des Fürsten Schwarzenberg, das wir hier in Abbildung vorführen. Mit Zugrundelegung eines gleichzeitigen Stiches von Johann Sadeler sind die drei weiblichen Allegorien bei diesem Probestück, das vier Jahre vor der Privilegiumertheilung hergestellt wurde, überraschend gut gelungen, und auch die insectenumschwirrten Pflanzen, die von der Vorlage ab weichen und sich als eine freie Zuthat repräsentiren, zeugen von nicht geringer Gewandtheit in der Verwerthung beliebter zeitgemässer Motive.

Mit der Wiedererfindung des Glasschnittes, dem grössten, epochemachenden Ereignis der öster­reichischen Glasdecoration, war für die Glas-Industrie eine glanzvolle Zukunft gesichert. Der leider nur zu jäh hereinbrechende dreissigjährige Krieg konnte zwar das Tempo des Fortschrittes in der un­günstigsten Weise beeinflussen, aber die Wurzeln waren bereits so kräftig, dass auch diese Stürme die aufkeimende Saat nicht hinwegzufegen vermochten. Schon Stransky zählt (1634) eine ganze Reihe von Glashütten in Böhmen auf, eine Liste, die Baibin (1679), ohne auf Vollständigkeit irgend einen Anspruch zu erheben, ganz bedeutend erweitert. Und im Umkreis der meisten Hütten sitzen zahlreiche Raffineure, die die Rohproducte veredeln. Die tüchtigsten Decorateure leben aber in den Hauptstädten, um die Wünsche der leistungsfähigen Besteller unmittelbar kennen zu lernen.

Ein Blick auf die zahlreichen Stilleben-Gemälde des 17. Jahrhunderts überzeugt uns davon, dass die mit dem Rädchen gravirten Gläser noch keine nennenswerthe Verbreitung fanden; sie waren ja nach der Notiz eines Zeitgenossen «nur grosser herren Trinckgeschirr» und sind «sehr hoch verkaufft worden». Auch aus erhaltenen Zunftacten erfahren wir, dass es selbst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts noch nicht übermässig viele Glasschneider gab, und dass die «Eckigreiber» und «Kugler», welche für das böhmisch-schlesische Glas beispielsweise im Gegensätze zu den Nürnberger Arbeiten später geradezu unentbehrlich wurden, erst in den letzten Jahren dieses Säculums auftraten, um die Glasmaler und Vergolder immer mehr in den Hintergrund zu drängen.

Nicht zufällig wurde Böhmen die eigentliche Heimat des Glasschnittes. Mochte auch gleichzeitig anderwärts, wenn auch nicht in diesem Umfange, Fürstengunst entscheidend die Kunstthätigkeit be­fruchten, hier kamen noch die günstigen natürlichen Vorbedingungen hinzu. Das Glas ist ja das «nachahmende Ebenbild des natürlich gewachsenen Crystalles», und gerade Böhmens Edelsteinreichthum ist damals geradezu sprichwörtlich. Im 17. Jahrhundert weiss uns Baibin hauptsächlich im Anschluss an die Turnauer Gegend viel Ueberschwängliches darüber zu berichten, und noch im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts singt uns ein Panegyricus vom Fusse des Riesengebirges (G. B. Haneke: Beschreibung von Kuckus) in Alexandrinern dasselbe Lied, das wir an dieser Stelle weil dies bisher noch nicht ge­schehen ist theilweise wiedergeben wollen:

«Hier findt man ohne Müh die allerschönsten Steine,

Rubin und Diamant, doch diese nicht alleine,

Bald blickt ein Chrysolith, ein Jaspis, ein Saphir,

Ein Türckis, ein Opal, ein Sardonich herfür.

Bethörte, die ihr noch, wenn alle Wetter stürmen,

Wenn Flutt und Wellen sich biss an den Himmel thürmen,

Wenn Scyllens tieffer Schlund des Meeres Abgrund weist,

Bis in die andre Welt nach Diamanten reist;

Ihr dürfft nicht aller erst nach Ceylons Ufern fahren,

Ihr könt den weiten Weg und die Gefahr erspahren,

Weil ihr dasjenige, was ihr dort sucht und grabt,

Nicht allzuweit von euch gantz überflüssig habt . . . .»

Gewiss waren es die Edelsteinsucher Kaiser Rudolfs II., die, mit den umfassendsten Empfehlungen ausgerüstet, den Norden Böhmens durchforschten, welche die erste Kunde von der Erfindung des Glas­schnittes in die Grenzgebirge brachten und die Fertigkeit Lehmanns und seiner Genossen Zacharias Beizer und Georg Schwanhardt in die entlegenen Gebirgswälder verpflanzten, welche wiederum das

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