verschiedenen Kategorien der selbständigen Schleifer und wiederum deren Hilfsarbeiter. Die Ein­führung der Glasraffinerie erfolgte zuerst durch Anton Riedel im Jahre 1808, welcher sich die Erlaubnis zur Errichtung einer Schleifmühle an der Plattnei erworben hatte. Mit diesem Zeitpunkte dürfte auch die allgemeine Errichtung von Schleifmühlen in dieser Gegend Zusammenhängen.

Die Glaskitterei wird in der Weise betrieben, dass die Arbeiter die sogenannten Kittsteine und Kugelglasbestandtheile auf verschieden geformte Blechböden aufkitten. Die Kitterei, welche im Jahre 1870 zur Zeit des französischen Krieges zuerst hier auftauchte, ist jedoch stark im Rückgänge begriffen und werden jetzt diese Glassteine aufgelöthet, wodurch die Waare viel haltbarer erscheint. Mit Zuhilfenahme der auf die Blechböden aufgekitteten oder aufgelötheten Gegenstände wird geschmackvolle Bijouterie, worunter der schwarze Hutschmuck einen nicht unwesentlichen Zweig der Industrie bildet, hergestellt. Die Concurrenz in diesem Artikel besteht zumeist in Paris. Auch in Berlin und Stuttgart wird Einiges erzeugt, jedoch ist Gablonz bei weitem leistungsfähiger als alle diese Plätze, da dieselben genöthigt sind, die Steine von hier zu beziehen und deshalb unserer Concurrenz nicht Stand zu halten vermögen.

In der Glaskurzwaaren-Industrie steht in erster Reihe die Gürtlerei, ein Gewerbe, welches wohl als das hervorragendste in unserem Bezirke bezeichnet werden kann. Die Gürtlerei hat sich allmälig auch auf die umliegenden Orte Grünwald-Schlag, Morchenstern, Seidenschwanz, Kukan, Reichenau, Dalleschitz, Labau, Schwarzbrunn, Schumburg, Marschowitz, Puletschnei, Radi und Neudorf verbreitet. Ausser den selbständigen Gürtlern existiren in den vorgenannten Orten als Hilfskräfte der Gürtler­meister die sogenannten Schwarzarbeiter. Dieselben unterscheiden sich von den eigentlichen Gehilfen nur darin, dass sie nicht in der Werkstatt des Meisters, sondern in ihrer eigenen Wohnung für diesen arbeiten.

Die Gürtlerei, welche anfangs der Siebzigerjahre einen sehr bedeutenden Aufschwung nahm, hat Gablonz zu seinem Wohlstände vielfach verholfen und dessen Emporblühen mitbewirkt. Die im Jahre i 883 errichtete k. k. Fachschule hat viel dazu beigetragen, dieses Gewerbe emporzuheben und den künstlerischen Geschmack der Meister und Gehilfen zu erhöhen. Als Hilfsmaschinen werden in den Gürtlerwerkstätten verwendet: Pressen, Balancen, Walzenzüge, Drehbänke, Bohr- und Schneidemaschinen und andere Vor­richtungen. Zu deren Betriebe sind sowohl elektrische Motoren als auch Gasmotoren vielfach in Ver­wendung. Das Gablonzer Elektricitätswerk hat allein an 50 solcher Motoren in den Gürtlerwerkstätten aufgestellt und sind solche zur vollsten Zufriedenheit der Gürtler im Betriebe.

Die Gürtler liefern ihre Erzeugnisse fast ausnahmslos an die Exporteure in Gablonz, da ihnen nicht die Verbindungen mit der Kundschaft auf dem Weltmärkte zu Gebote stehen wie dem Exporteur, welcher neben den Gürtlerwaaren auch alle anderen Zweige der Gablonzer Glas-Industrie führt. Versuche der Gürtler, direct zu exportiren, haben in den meisten Fällen deren Ruin zur Folge gehabt. Die Er­zeugung von neuen Mustern bildet für den Gürtler eine stete Thätigkeit, welcher er die grösste Auf­merksamkeit zuwenden muss. Er gibt seine Muster an die Exporteure, und diese suchen dann Bestellungen für ihn darauf zu erhalten. Die Arbeit in den Gürtlerwerkstätten, einschliesslich der der Schwarzarbeiter, besteht darin, rohe Metallbestandtheile, welche von den hiesigen Estampeurs geliefert werden, zusammen- zulöthen, zu galvanisiren vergolden, versilbern, vernickeln, oxydiren zu poliren, mit den nöthigen Glassteinen zu versehen, sowie den so hergestellten Artikel zu verpacken und an das Exporthaus ab­zuliefern.

Die Concurrenz, welche die Gürtler ausserhalb des Landes zu bestehen haben, ist zumeist in Frankreich unter dem Namen Bijouterie-Fabricanten, in den letzten Jahren aber auch in Deutschland zu finden.

Unbedingt erforderliche Hilfszweige der Gürtlerei sind die Anstalten der Graveure und der An­fertiger der Schneidezeuge. Erstere stellen die Stanzen für die einzelnen Theile der Schmuckgegenstände her, Letztere die Schnitte hiezu, mit welchen sodann der Gürtler aus Tombak, Messing, Kupfer, Alu­minium und Nickelblech die gepressten Artikel herausschneidet.

Ausser den Bijouteriewaaren, wie Brochen, Ohr- und Fingerringen, Schnallen, Gürtelschliessen, Hut-, Kopf- und Vorstecknadeln, Armbändern, Hutagraffen, Colliers, Medaillons werden seitens der Gürtler auch Manchettengarnituren, Nippes, Photographieständer u. s. w. erzeugt. Die unter dem Namen

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