Im Jahre 1861 wurde Carl Stölzle vom politischen Bezirke Waidhofen a. d. Thaya in den Landtag und von da weiters in den Reichsrath gewählt. Im selben Jahre wurde er für seine hervorragenden Verdienste auf wirthschaftlichem und industriellem Gebiete von Sr. Majestät mit dem goldenen Verdienstkreuze mit der Krone ausgezeichnet. Im Jahre 1865 starb Carl Stölzle auf seiner Besitzung in Alt-Nagelberg, hochgeachtet und verehrt von allen, die ihn kannten.

Nach dem Tode des Gründers der Firma wurden die Werke von seinen vier Söhnen Carl (gest. 1872), Ernst (gest. 1896), Wilhelm (gest. 1883) und Rudolf Stölzle übernommen und von ihnen im Sinne ihres ver­storbenen Vaters in zielbewusster Weise weiter geführt. Unter Leitung der Genannten wurde die Vergrösserung und Erweiterung des Betriebes durch den Bau von Dampfschleifereien, Sandbläsereien, Glasätzereien, Brettsägen, Umwandlung des alten Brauhauses in eine Dampfbrauerei, Betriebsübernahme der Glasfabriken Sofienswald, Gutenbrunn, Chlumetz, Josefsthal, nebst vielem Anderen durchgeführt. -Ferner erwies sich die Errichtung von Niederlagen als nothw'endig. Zur Zeit besitzt die Firma ausser der Haupt-Niederlage in Wien, IV., Frei­haus, noch solche in Wien-Rudolfsheim, Prag, Budapest, Berlin, sowie eine Glasraffinerie in Haida.

Schon zu Anfang der Sechzigerjahre wurde unter Zustimmung des damals noch lebenden Gründers der Firma von dessen Zweitältestem Sohne Ernst Stölzle die Verwendung von Torf aus den umliegenden, noch keiner sonstigen Verwerthung zugänglichen Torfmooren der Gegend bei dem industriellen Glasfabriks-Betriebe versucht. Der Erfolg war ein für die Wirthschaft der Umgebung sehr erfreulicher.

In demselben Maasse, wie in technischer Beziehung ein ausserordentlicher Aufschwung zu verzeichnen war, wurde der commerziellen Seite des Geschäftes die nöthige Fürsorge zugewandt, damit Fabrication und Verkauf gleichen Schritt hielten. Während bei der Gründung der Firma im Jahre i836 an den zwei Werken Joachimsthal und Schwarzau mit zwei Glasschmelzöfen 4 Beamte und 84 Arbeiter in Verwendung waren, werden bei den heute im Betriebe stehenden Werken der Firma in Niederösterreich und Böhmen, und zwar in den Glasfabriken Alt-Nagel- berg, Neu-Nagelberg, Suchenthal, Josefsthal, Sofienswald, Eugenia, Eilfang, Gutenbrunn, Chlumetz und Georgen­thal bei 16 Glasschmelzöfen, der Glasraffinerie, der Brettsäge und dem Brauhause in Neu-Nagelberg, der Aetzerei in Erdweis, der Glasraffinerie in Haida, der Glasschleiferei, Aetzerei und Brettsäge in Suchenthal, der Maschinen­fabrik und Brettsäge in Chlumetz an 80 Beamte und 1800 Facharbeiter verwendet, und ausserdem sind 1000 ge­wöhnliche, im Taglohn stehende Arbeiter mit der Torferzeugung beschäftigt. Der Verkauf und Vertrieb der Erzeugnisse und Fabrikate in den Niederlagen in Wien, dann Wien-Rudolfsheim, Prag, Budapest, Berlin, den Agenturen in London, Hamburg, Amsterdam, Paris, Bukarest, Mailand, Athen, Constantinopel, Smyrna, Beyrut, Alexandrien, Cape Town, New-York, Rio, Sydney hält weiter ungefähr 80 Beamte und Agenten und beiläufig 100 Hilfsarbeiter in Thätigkeit, ungerechnet die Personen, welche mit dem Transport und dem Zubringen des Brennstoffes Beschäftigung finden, deren Zahl an 3oo beträgt.

Die Betheiligung an allen grösseren internationalen Ausstellungen vom Jahre 1855 an, sowie an allen übrigen grösseren und kleineren Fach-Ausstellungen brachte der Firma die Zuerkennung der ersten Preise, sowie auch das Allerhöchste Lob der von Sr. Majestät anlässlich der verschiedenen Ausstellungen besichtigten Objecte. Im Jahre 1892 wurde Rudolf Stölzle in Anbetracht seiner hervorragenden Verdienste das Ritterkreuz des Franz Josef-Ordens verliehen. Ausserdem wurden noch im Laufe der Jahre nachstehende Beamte und Arbeiter ausge­zeichnet: Der Disponent der Firma, Josef Weinkopf in Alt-Nagelberg im Jahre 1895 für dessen 5ojähriges Wirken an ein und demselben Orte mit dem goldenen Verdienstkreuz. Das silberne Verdienstkreuz wurde ver­liehen: dem Vergolder und Maler Franz Ullrich in Alt-Nagelberg im Jahre 1885 nach 48jähriger Dienstzeit; dem Werkmeister Michael Köck in Alt-Nagelberg für 44jährige Thätigkeit bei der Firma im Jahre 1890; dem ehemaligen Hohlglasarbeiter Jakob Pree in Neu-Nagelberg für die seit Gründung der Firma bei derselben zu­gebrachten 57 Dienstjahre im Jahre i8g3; den Brüdern Franz und Carl Lembachner in Suchenthal für ihre 50jährige ununterbrochene Thätigkeit. Ausserdem wurde vom Niederösterreichischen Gewerbeverein in Wien an 3 Werkmeister der Firma die silberne Medaille, sowie an weitere 20 verdienstvolle Arbeiter die bronzene Medaille mit Geldspenden verliehen. Der Besuch der Fabriks-Etablissements seitens zahlreicher Mitglieder des kaiser­lichen Hauses darf als Anerkennung des nützlichen Wirkens dieser Industriale angesehen werden. '

Am 3i. März 1898 starb ganz unerwartet Rudolf Stölzle, der letzte Inhaber der Firma, tiefbetrauert von allen seinen Beamten und Arbeitern.

Infolge der ständigen Zunahme des Geschäftes und der damit zusammenhängenden Vergrösserungen der Etablissements haben die nunmehrigen Inhaber der Firma, die Erben nach Ernst und Rudolf Stölzle, beim hohen Ministerium des Inneren um die Umwandlung der Firma in eine Actiengesellschaft angesucht und wurde die Concession hiezu im Juli dieses Jahres ertheilt, so dass der Wortlaut der Firma in Zukunft «C. Stölzles Söhne Actiengesellschaft für Glasfabrication» lauten wird.

In die Leitung des Unternehmens theilen sich Carl Stölzle in Suchenthal, Ludwig Stölzle in Nagelberg, Emil Mayer in Wien, welche bereits seit einer längeren Reihe von Jahren bei dem Unternehmen thätig sind und nunmehr auch dem Verwaltungsrathe angehören werden.

Die Firma zählt gegenwärtig zu den grössten und hervorragendsten Betrieben dieser Branche in Oester­reich und kann als die Neubegründerin des alten Rufes der Glasfabrication des niederösterreichischen Wald­viertels angesehen werden.

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