Jahre hindurch gekämpft werden musste. Unter diesen zahlreichen Maschinen und Apparaten beansprucht die Arbeitsweise des Schrägwalz-Apparates das erste Product Mannesmannscher Erfindung das höchste Interesse. Seine schräg zu einander gelagerten Walzen nehmen einen rothglühenden, massiven Stahlblock auf, um in kürzester Zeitspanne eine dickwandige Röhre daraus abzuliefern. Der zur Verfügung stehende Raum gestattet es nicht, in eine nähere Erläuterung dieses complicirten Processes einzutreten, der auf den Zuschauer den überraschendsten Eindruck macht.

Nächst dem Schrägwalz-Apparat verdient das Pilger-Walzwerk genannt zu werden, dessen Bezeich­nung der Erfinder aus einer Aehnlichkeit hergeleitet hat, welche zwischen der Arbeitsweise des Apparates und dem Echternacher Pilgergange besteht, bei welchem die Pilger zwei Schritte vor und einen Schritt rückwärts machen. Auf diesem Apparate werden die mittelst des Schrägwalzens erzeugten dickwandigen Rohre zu solchen mit dünnerer Wandstärke unter einer der Materialverdrängung entsprechenden Vergrösserung ihrer Länge aus­gewalzt. Auch dieser Arbeitsvorgang ist ein vollständig neuer und hochinteressanter.

Beträchtlich ist die Zahl der mannigfachen Maschinen, welche bestimmt sind, dem Rohrproduct des vor­besprochenen Walzwerkes diejenige Fertigbearbeitung zu geben, die es je nach seiner Bestimmung vor Verlassen der Fabrik noch erfahren muss.

Zur Erzeugung des für den Antrieb des ganzen Maschinenwerkes mit einer Gesammtleistungsfähigkeit von 6500 HP erforderlichen Dampfes sind ständig zehn Dampfkessel in Betrieb, mit einer Gesammtheizfläche von 1250 ni 1 . Ausser dem Rohrwalzbetriebe sind an dieses Kraftnetz eine überwiegend für den eigenen Bedarf ar­beitende Eisengiesserei, eine Modelltischlerei und eine grosse mechanische Werkstätte angeschlossen.

Der bedeutende Kohlenbedarf wird durch die zum Werke gehörige und durch Schienenweg mit dem­selben verbundene Braunkohlengrube «Carlschacht» ganz gedeckt.

Die heutige Productionsfähigkeit des Werkes beträgt über 14.000 t pro Jahr. Erzeugt werden haupt­sächlich Bohrröhren, Kessel- und Locomotivsiederohre, Gas-, Wasser-, Dampf-, Luft- und Hochdruckleitungsröhren aller Art, Telegraphen- und Telephongestränge, Bogenlicht- und Stromzuführungsmaste für elektrische Strassen- bahnen, Behälter für Kohlensäure, Acetylen, Wasserstoff und andere hochgespannte Gase.

Gross ist besonders der Consum in den erstgenannten Röhrensorten für Bohr- und Kesselzwecke. Das Mannesmannrohr als Leitungsrohr hat die Feuerprobe mehrfach glänzend bestanden, so auch bei den schwer zu beklagenden Katastrophen in Brüx. Mannesmann-Telegraphenstangen sind mit Erfolg in grossen Quantitäten nach fernen Welttheilen gegangen, und aus Mannesmannrohr sind überwiegend die Leitungsträger hergestellt, denen die Kraftvermittlung für das neue Verkehrsmittel unserer Reichshauptstadt die elektrische Strassen- bahn obliegt.

Für den Transport hochgespannter Gase bedeutet das widerstandsfähige Mannesmannrohr eine neue Aera und die Lösung des Abhängigkeitsverhältnisses vom Auslande. Kurz, es darf behauptet werden, dass auf allen diesen Gebieten sich das nahtlose Mannesmannrohr ungeachtet des Widerstandes, den naturgemäss die altein- geführten Schweissröhrenwerke diesem Eindringlinge in ihr bisher unbestrittenes Feld entgegensetzten, bereits eine erste Stelle erobert hat, und sich immer mehr die Ueberzeugung Bahn bricht, dass nur das nahtlose Rohr das Rohr der Zukunft ist.

Hervorgehoben zu werden verdient an dieser Stelle das vorurtheilsfreie und sachverständige Eingehen unserer hohen technischen Staatsbehörden auf die Neuerung und deren Nutzbarmachung für die staatlichen Betriebe, ein Beispiel, welches schon heute weit über die Grenzen unseres Vaterlandes hinaus vielfach Nach­ahmung gefunden und dadurch mittelbar zur Förderung des heimischen Exportes beigetragen hat, dessen Aus­dehnung die vaterländische Industrie sich immer wärmer wird angelegen sein lassen müssen.

Das Werk untersteht gleichzeitig mit zwei in Deutschland (Remscheid und Bous) gelegenen Schwester­fabriken der Generaldirection, die in Düsseldorf ihren Sitz hat, und wird durch zwei Repräsentanten vertreten, denen die kaufmännische und technische Beamtenschaft beigegeben ist. Unermüdlich wird an dem weiteren Aus­baue des Unternehmens gearbeitet, dank der leider bisher unbelohnt gebliebenen Opferwilligkeit der Actionäre, die schlimme Zeiten hindurch einer nach vielen Hunderten zählenden Arbeiterschaft zur Zeit beziffert sich dieselbe auf 800 lohnende Arbeit und dadurch wiederum zahlreichen heimischen Geschäftszweigen direct wie indirect Verdienst ermöglicht und sich damit eine gewiss wohlberechtigte Anwartschaft auf eine günstige Gestaltung der Zukunft des Unternehmens erworben haben.

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