Auch dieser nun fabriksmässige Betrieb zeigte infolge seines gesunden Ursprunges und Kernes das Be­streben, ja sogar die Nothwendigkeit der Expansion, und in richtiger Erkenntnis dessen trat im Jahre i8g3 der pensionirte Oberinspector der Staatsbahnen, Herr Anton Ressig, als Compagnon in das Geschäft, welches nun unter der Firma Ressig & Wölfl sich eines weiteren blühenden Aufschwunges erfreute. Die Fabrik wurde durch Zubauten erweitert, insbesondere eine zweite Giesshalle für die kleineren Gusstücke an die grosse Giesshalle an­gebaut, da letztere durch die Herstellung der grössten und umfangreichsten Stücke, wie Drehbankbetten bis 10.000 kg Gewicht, grosser Schwung- und Zahnräder, Trockencylinder für Papiermaschinen, Holländerschalen und -Trommeln, grosser Bestandtheile für Gasfabriken etc. zu sehr in Anspruch genommen wurde und schon heute sich das Bedürf­nis nach ausgiebiger Vergrösserung wieder geltend macht. Die grosse Giesshalle wurde mit weiteren zwei schweren eisernen Drehkrahnen ausgestattet, so dass jetzt drei eiserne Krahne für Betriebslasten von 4000, beziehungsweise 5000 und 7500 kg vorhanden sind, deren Radien so ineinander greifen, dass für die schwersten Stücke je zwei Krahne gemeinschaftlich anfassen können. Die Giesshallen und der Hofraum sind mit elektrischer Bogenlampen- und die übrigen Räumlichkeiten und Bureaux mit Glühlampenbeleuchtung mittelst selbsterzeugten Stromes aus­gestattet und die sonstigen Einrichtungen entsprechend ergänzt und erweitert worden. Auf diese Weise ist die Giesserei nun im Stande, den weitestgehenden Anforderungen zu entsprechen. In der kleinen Giesshalle wird Kunstguss bis zu 2 mm Wandstärke herab, wie z. B. die Bestandtheile von Eisenbahnwaggonlampen, hergestellt, und unter den vielen sonstigen Artikeln auch die schwierigen Formen für die Fabrication von Gummischuhen (bereits 100.000 Stück) gegossen, während in der grossen Halle (33-25 m lang, i3 m breit und 6 m hoch) aus­schliesslich der mittlere und schwere Maschinenguss betrieben wird. Als Specialität liefert die Fabrik Hartguss­fabrikate für Eisenbahn- und Artilleriebedarf, sowie für den Maschinenbau, als: Herz- und Kreuzungsstücke, Geschosse, Ambosse und Hammereinsätze, Hartgusswalzen für Mühlen, Pulver- und Cementfabriken, Brechbacken, Bremsklötze für Eisenbahnen, Räder für Bahnmeisterwagen und Schiebebühnen. Der Maschinenguss befasst sich ausser mit den schon vorher erwähnten grössten Gegenständen mit der Herstellung von Geschossen aus Weichguss, Waggonlager (mit der Formmaschine geformt), Muffen- und Flanschenrohren (aufrechtstehend gegossen), feuer­beständigen Gusstücken, säurewiderstandsfahigen Gusstücken für chemische Zwecke, Säulen, Guss für Cassen- fabriken, Mechaniker und Clavierfabriken von vorzüglicher Weichheit und Reinheit, Guss für Fabriken für elek­trische Beleuchtung. Besonders ausgebildet und entwickelt wird der Schablonenguss mit Vermeidung der kost­spieligen, grossen Holzmodelle betrieben, dessen bisherige sorgfältige Pflege der Firma im heurigen Jahre bei der Uebernahme von Lieferungen für den Bau der städtischen Gaswerke, von welchen ihr durch die Firma Franz Mano- schek Abgüsse im ungefähren Gewichte von 7+ Million Kilogramm übertragen wurden, 'reichliche Genugthuung bot, indem ihr die strengen Anforderungen und Lieferungsbedingnisse der Commission für den Bau städtischer Gaswerke keinerlei Schwierigkeit bereitet haben, und die Uebernahme der Abgüsse für die Theerabscheider, hydrau­lischen Ventile, Druckregulatoren und Vorregler, wobei sich Behälter bis zu 3 m Durchmesser befinden, anstandslos erfolgen konnte.

Den ungeahnten Aufschwung, welchen die Maschinen-Industrie durch die ausgebreitete Anwendung der Elektricität erfuhr, wusste sich das Unternehmen ebenfalls zunutze zu machen. Eingehende Studien und Versuche, angeregt durch einen im Elektrotechnischen Verein gehaltenen Vortrag des Ingenieurs der Vereinigten Elektricitäts- Actiengesellschaft in Wien, Herrn Ernst Egger, führten die Firma zu einem Material, das sich für den Dynamoguss vorzüglich eignet, indem es den magnetischen Eigenschaften des Stahles sehr nahe kommt und dabei worauf die Dynamomaschinenbauer ein besonderes Interesse legen volle Garantie für stets gleichmässige Beschaffenheit bietet. Wenn auch der von uns erzeugte Dynamoguss naturgemäss eine geringere Permeabilität als bester Stahlguss auf­weist, so ist diese Eigenschaft für die magnetischen Felder von entsprechend construirten Dynamos nicht von Nach­theil, und da diese Felder keinen stetigen Wechsel in der Magnetisirung zu erleiden haben, so spielt auch die so­genannte Hysteresis keine Rolle. Im Uebrigen wird bei dem Dynamoguss dieser Firma alles dies reichlich durch dessen sonstige Vortheile aufgewogen, wie dies die stetige Zunahme der Production in diesem Fache beweist. Dasselbe hat die Firma erst vor anderthalb Jahren aufgenommen und nun erzeugt sie für ein grosses Wiener Elektricitäts-Etablissement allein jährlich mehrere hundert Stück Dynamomaschinen im ungefähren Gewichte von 115.000 kg. Auch diese Production unterliegt einer scharfen Uebernahmscontrole, und jeder einzelne Abguss wird einer Probe auf die erforderlichen magnetischen Eigenschaften unterzogen, welch letztere hauptsächlich in seiner Reinheit, Dichte und Weichheit begründet sind.

Die Monographie kann mit der erfreulichen Thatsache resumiren, dass sich seit Gründung des Unternehmens im Jahre 1886, also in einem Zeiträume von 12 Jahren, die Jahresproduction von ca. 50006000 kg auf 1,880.000 kg (im Geschäftsjahre 1897) gesteigert hat, und dass die Firma heute, bei einer Grundfläche ihrer Giesshallen, die 570 m 2 nicht übersteigt, pro Arbeitstag beinahe das Doppelte an Gewicht zu produciren im Stande ist, wie damals zu Beginn in einem ganzen Jahre, und dass sie dadurch dem geschulten und fleissigen Arbeiterpersonale, das sich gegenwärtig auf über 100 Mann stellt, reichlichen Verdienst und zufriedene Existenz bieten kann.

Die Gross-Industrie. II.

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