da die französische Industrie nicht stille stand und, von Seite des Staates und der Commune in munifi- centester Weise unterstützt und subventionirt, geradezu erstaunliche Fortschritte machte. Nichtsdesto­weniger gelang es den Wiener Industriellen, dem Auslande neuerlich zu zeigen, dass Oesterreich ein nicht zu unterschätzender Gegner geworden war. Die zur Ausstellung gebrachten herrlichen Candelaber für die Votivkirche nach Ferstels Entwurf, die verschiedenen grösseren Objecte für das neue Wiener Rathhaus und das neue Burgtheater, welche Gegenstände der Ausstellung wegen von den betreffenden Bauleitungen im Aufträge des Stadterweiterungsfondes, beziehungsweise der Commune bestellt worden waren, zeigten dem Kunstkenner und Fachmanne die reichen Früchte und die riesigen Fortschritte unserer jungen, auf blühenden Kunst-Industrie in Bronzewaaren; hiebei unserer führenden Künstler und bahn­brechenden genialen Meister der Baukunst, wie Schmidt, Ferstel, Flansen und Hasenauer, zu gedenken, halten wir für eine unabweisbare Ehrenpflicht; die Verdienste dieser Männer werden in ihren Werken selbst der Nachwelt Zeugnis abgeben, was Muth, Ausdauer und Entschlossenheit in Verbindung mit schärfstem Geist und reichem Wissen zu Stande bringen konnten. Ausser den hier erwähnten Arbeiten mehr mo­numentalen Charakters der beiden Firmen D. Hollenbach und Dziedzinski & Hanusch waren jedoch auch die Firmen Ludwig Böhm, Lux, Bergmann, August Klein, Jäger & Thiel, sowie Friedrich Böhm (mit Schmuckwaaren) mit schönen Objecten vertreten, die durchwegs durch geschmackvolle Form, wie sorg­fältige Durchführung vollste Anerkennung und auch guten Absatz fanden. Es war dies die letzte officiell beschickte grosse Weltausstellung, und die folgenden Expositionen, wie die Jubiläums-Ausstellung des Gewerbe-Vereines im Jahre 1880, die Betheiligung an der Antwerpener Ausstellung 1885, deren Be­schickung der neugegründete Wiener Kunstgewerbe-Verein in die Hand genommen hatte und durch die energische und zielbewusste Leitung der tüchtigen Kräfte wie Storck, Waldheim und Hanusch einen durchschlagenden Erfolg erzielte, erreichten nicht jene Bedeutung.

Mit Wehmuth müssen wir hier des im Jahre 1885 verstorbenen grossen Reformators und Gründers des Oesterreichischen Museums, Rudolf von Eitelbergers, gedenken, der mit seltener Thatkraft uner­müdlich und rastlos bestrebt war, der Bronze-Industrie immer wieder neue Kräfte, Muth und Schaffens­lust beizubringen und die Industriellen auch mit Aufträgen, wo und wie er nur konnte, zu unterstützen.

Das Jubiläumsjahr 1888 brachte uns die Jubiläums-Gewerbeausstellung und die Ausstellung der Bronze- kunst-Industriellen in der Corporativausstellung des Wiener Kunstgewerbe-Vereines, auf welcher namentlich Hollenbach, Hanusch, Kalmar, Waschmann, Haas etc. zeigten, dass die Metalltechnik weder an Reichthum der künstlerischen Formen, noch an Mannigfaltigkeit der Ideen etwas zu wünschen übrig lasse. Selbst auf dem so lange brachgelegenen Gebiete der Patinirungskunst, welche namentlich für figurale Bronzen von vortheilhaftester Wirkung ist, war man rüstig vorwärts geschritten und werden heute in allen ersteren Etablissements figürliche kleinere und grössere Objecte und Gruppen und Treibarbeiten in exacter Feinheit und Schönheit sowohl antique grüner, wie brauner Töne hergestellt und vielfach auch exportirt. Wenn wir noch die in den letzten zehn Jahren stattgehabten zwei Weltausstellungen, Chicago 1893 und Ant­werpen 1894, an denen sich der Wiener Kunstgewerbe-Verein und damit grössere Firmen der Bronzekunst- Industrie betheiligten, nennen und der grossen in diesen Zeitraum fallenden Arbeiten für die k. k. Hof­museen (grosse Säulenmontirungen, die Eingangsthore etc.), das Parlamentsgebäude (Candelaber, Be­schläge, Luster etc.), das Lainzer kaiserliche Jagdschloss (Stiegengeländer aus Bronze, Luster, Wand­arme, Beschläge etc.), das Equitablepalais mit seinen Bronzethoren, dem ganz in Bronze hergestellten Stiegengeländer und sonstigem reichen Bronzeschmuck etc. Erwähnung thun, glauben wir dieses Gebiet innerhalb der fünfzigjährigen Epoche unseres geliebten Monarchen so ziemlich erschöpft zu haben, einer Epoche reich an Erfolgen und Ehren, auf welche Künstler und Kunsthandwerker mit berechtigtem Stolz und wahrer Befriedigung zurückblicken können.

Die Gross-Industrie. II.

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