Da nach dem Kriege von 1866 Oesterreich einen Handelsvertrag mit Frankreich schloss, wurde die Dres­dener Fabrik dem Stammwerke in Teplitz einverleibt; Julius Heller trat an die Spitze der technischen Leitung und unternahm eine durchgreifende Umgestaltung der technischen Einrichtung. Sein Hauptbestreben ging dahin, die Handarbeit durch mit Dampf betriebene Werkseinrichtungen zu ersetzen; er machte zu diesem Zwecke nicht nur Studienreisen ins Ausland, um geeignete Maschinen einzuführen, sondern construirte auch selbst sinnreiche Mechanismen, um die mechanische Kraft für die complicirten Verrichtungen, welche die Fabrication erfordert, nutzbar zu machen.

Im Jahre i883 wurde behufs Erzeugung grösserer Artikel für Luxus und Hausbedarf eine Bronzegiesserei, Metallschleiferei etc. eingerichtet. Da für diese neuen Betriebszweige das Fabriksgebäude nicht ausreichte, wurde die Errichtung einer neuen Fabriksanlage beschlossen, welche nach von Julius Heller verfassten Entwürfen im Shedsystem erbaut werden sollte; zu diesem Zwecke unternahm der Genannte neuerdings umfangreiche Vorstudien, sowie Informationsreisen ins Ausland.

Das neue Werk, welches im Jahre 1886 bezogen wurde, umfasst einen Flächenraum von 10.000m 2 und besteht aus folgenden Räumlichkeiten; dem Hauptarbeitssaal mit 4200m 2 , der Eisengiesserei und Bronzegiesserei mit zusammen 950 in 2 , der Galvanisirwerkstätte mit 600 m 2 , den sonstigen Werkstätten verschiedener Art mit zusammen 1750 m 2 , was insgesammt 7500 m 2 verbauter Fläche ergibt; den Rest von 2500 m 2 bilden die Hofräume und das Areal für zukünftige Vergrösserungen. Bauliche Anlage und innere Eintheilung entsprechen in hervorragender Weise allen Anforderungen der Neuzeit, sowohl was die praktischen Bedürfnisse der Fabrication betrifft, als auch in hygie­nischer Beziehung.

Den wichtigsten Factor für die Prosperität des Unternehmens bildet das Princip, nur Gegenstände eigener Erfindung zu produciren; durch unermüdliches Bestreben auf diesem Gebiete wurde eine beträchtliche Menge er­folgreicher Erfindungen erzielt, für welche nicht nur österreichische Privilegien, sondern neben zahlreichen fremd­ländischen Patenten ausnahmslos auch deutsche Reichspatente ertheilt wurden. Diese erfinderische Thätigkeit hat den Weltruf der Firma begründet, und nur mit Hilfe derselben war es ihr möglich, trotz der in Oesterreich geltenden ungünstigen Rohmaterialpreise ihre Erzeugnisse in alle Welttheile einzuführen.

Als Grundsatz gilt ferner, die erzeugten Gegenstände vom Anfänge bis zum Ende im Werke selbst auszu­fertigen. Hiezu mussten alle jene technischen Betriebe geschaffen werden, welche zur Verarbeitung von Metall zu Gegenständen aller Art nöthig sind. Die Fabrik betreibt: Eisenkunstgiesserei, Bronze- und Messinggiesserei, Stanzerei, Schleiferei, Galvanisirerei, Metalldreherei, Mechanikerwerkstätte, Schlosserei und Schmiede, ferner im artistischen Atelier eine Gravir-, Modellir- und Ciselirwerkstätte. Sämmtliche Modelle werden nach eigenen Ent­würfen in stilgerechter Form hergestellt; ebenso werden nicht nur sämmtliche Stanzen im Werke gefertigt, son­dern daselbst auch alle für den eigenartigen Betrieb nöthigen Specialmaschinen gebaut.

Nur die Vereinigung so zahlreicher Techniken ermöglicht es, das Werk von jeder anderen Industrie, be­sonders aber auch von der Hausarbeit, unabhängig zu machen und mit seinen für den Export bestimmten Gegen­ständen die Weltconcurrenz erfolgreich zu bestehen, ohne die Arbeitslöhne zu drücken. Im Gegensätze zu vielen Unternehmungen, die ihren hauptsächlich auf die Ausnützung von Hausarbeit gegründeten Export nur da­durch erhalten können, dass sie ihre Lieferanten auf das Aeusserste limitiren, ist es dem hier besprochenen Werke möglich, jenen Vortheil, welcher durch die vorerwähnte Arbeitsmethode erzielt wird, theilweise den Arbeitern durch Zahlung entsprechender Löhne zuzuwenden. Als Wirkung dieses Vorgehens darf das vorzügliche Verhält­nis hervorgehoben werden, welches zwischen Arbeiterschaft und Unternehmung besteht. Es dürfte wenig Fabriken geben, die auf ein # en so treuen und festgefügten Stamm alter Arbeiter zählen können; viele Familien sind mit dem Werke traditionell verknüpft. Ein Werkführer, welcher der Unternehmung fast von Anfang an vorgestanden hatte, wurde zu seinem 40jährigen Jubiläum mit dem goldenen Verdienstkreuze ausgezeichnet; dessen Sohn wirkt jetzt im Etablissement in hervorragender Stellung als Leiter des artistischen Ateliers. Die Zahl jener Arbeiter, welche über 40 Jahre im Unternehmen thätig sind, ist beträchtlich; einer derselben arbeitet mehr als 50 Jahre daselbst, ihm wurde gelegentlich seines 50jährigen Jubiläums das silberne Verdienstkreuz verliehen.

Die Fabrik beschäftigt jetzt im Ganzen ungefähr 3oo Personen, und zwar ca. 250 Arbeiter, welchen an 50 Beamte vorstehen.

An commerziellen Einrichtungen bestehen ausser dem Hauptverkaufsbureau in Teplitz Verkaufsfilialen in Wien und Berlin; letztere mit grossem Waarenlager dient als Verkaufsstelle für das ganze Deutsche Reich. Ver­tretungen mit Musterlagern bestehen; in Paris, London, Hamburg, St. Petersburg, Moskau, Warschau, Riga, Odessa, Madrid, Barcelona, Kopenhagen, Christiania, Neapel, Athen, Bukarest, Braila, Jassy, Constantinopel etc.

Von den Erzeugnissen wird nur ein Drittheil in der österreichisch-ungarischen Monarchie consumirt, die anderen zwei Drittheile gehen in das Ausland; ein grosser Theil hievon wird über Hamburg zum Ex­port nach überseeischen Ländern verschifft.

Die Firma Balduin Hellers Söhne steht somit in der vordersten Reihe jener Pionnire der österreichischen Industrie, deren Wirken bereits seit langen Jahren dahin gerichtet ist, den Erzeugnissen österreichischen Gewerbe- fleisses in allen Ländern des Erdballes Verbreitung und Anerkennung zu verschaffen.

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