eingeführt werden, bevor sie die nöthige Fähigkeit erlangte, brauchbare und tadellose Arbeit zu liefern. Diese Heranbildung ungelernter Arbeiter konnte nur nach und nach geschehen und nahm mehrere Jahre in Anspruch. Ferner waren bessere Bestecke in Oesterreich damals fast ein Luxus. Infolge der hohen Nickel- und Kupfer­preise waren sie verhältnismässig theuer und ihr Absatz vornehmlich auf die wohlhabenderen Familien und örtlich mehr auf die Städte beschränkt.

Der Grossbetrieb verbilligte einerseits zwar gegenüber der Handarbeit die Erzeugungskosten, anderseits aber begnügte sich die Fabrik nicht damit, Waare in den damals gangbaren Sorten herzustellen, sondern setzte ihren Stolz darein, durch geschmackvollere Formen und grössere Güte die auswärtigen Erzeugnisse zu übertreffen. Es handelte sich ihr nicht darum, einen augenblicklichen grossen Erfolg zu erzielen und sofort Boden zu gewinnen, sondern vorerst den Berndorfer Erzeugnissen einen guten Ruf zu erringen und dadurch den Bestand des Unter­nehmens auf lange Dauer zu begründen. Auch Elementarereignisse hemmten die Entwicklung des Unternehmens. Und als im Jahre 1846 Hochwasser in das Triestingthal hereinbrach und Maschinen und Wasserwerk der Fabrik arg beschädigte, musste der Betrieb auf einige Monate gänzlich unterbrochen werden. Dagegen führte das Revolutionsjahr 1848 zu keiner Betriebsunterbrechung, doch ging es auch nicht spurlos an dem Unternehmen vorüber. Die Fabrik wurde zwar nicht, wie andere österreichische Fabriken, in eine Kaserne verwandelt, aber infolge der politischen Unruhen trat eine allgemeine Geschäftsstockung ein, unter der auch Berndorf zu leiden hatte. Da andererseits eine vermehrte Nachfrage nach Waffen entstand, nahm die Fabrik, um diese bewegte Zeit leichter überdauern zu können, die Erzeugung von Säbeln und anderen Waffen auf, wodurch es ihr möglich war, den mit grossen Opfern herangebildeten Arbeiterstock ausreichend zu beschäftigen.

Um bei dem damals herrschenden Mangel an Scheidemünzen den Geldverkehr zwischen ihren Arbeitern und den Gewerbetreibenden zu erleichtern, gab die Fabrik mit behördlicher Bewilligung Papierscheine im Nennwerthe von 20 Kreuzern Conventionsmünze heraus und entlohnte damit die Arbeiter. Einige Jahre später, im Jahre 1850, wurden diese Papierscheine, da der Mangel an Scheidemünzen noch nicht behoben war, durch Zahlmarken ersetzt, die theils aus Bronze, theils aus einer Legirung von Nickel und Kupfer (75% Kupfer, 25°/ 0 Nickel) hergestellt waren und die Firma im Gepräge trugen. Diese Marken, ursprünglich einem localen Bedarfe entsprungen und nur für die Berndorfer Arbeiter bestimmt, gaben den Anstoss zur späteren Massenerzeugung von Münzplättchen, die dann, mit Prägung versehen, in den verschiedenen europäischen und aussereuropäischen Staaten als Scheidemünze in Umlauf gesetzt wurden. Solche Münzplättchen, bestehend aus Bronze, einer Nickel- legirung oder reinem Nickel, sind später der Reihe nach an folgende Staaten geliefert worden:

An Serbien.im Jahre i86gu.83 Nickellegirung und Bronze . . 55.000 kg

» das Deutsche Reich » » 187495 Nickellegirung und Bronze . . 600.000 »

» die Schweiz ...» » 187196 Nickellegirung und Reinnickel 160.000 »

» Mexico.» » 1882 Nickellegirung. 550.000 »

» Aegypten .... » » 1887 Nickellegirung. 400.000 »

» Oesterreich-Ungarn. » » 189296 Reinnickel.1,440.000 »

» Italien.» » 189395 Nickellegirung. 3oo.ooo »

» Argentinien ...» » 1896 Nickellegirung. 120.000 »

» Venezuela .... » » 1897 Nickellegirung. 40.000 »

Zu Beginn der Fünfzigerjahre waren die Hauptschwierigkeiten, mit denen jede Neugründung zu kämpfen hat, überwunden. Berndorf hatte sich in Alpacca- und Pakfongwaaren bereits einen Ruf erworben und konnte nun an eine Ausdehnung der Fabrication, sowie in Verbindung damit an den Export denken. Die Fabriks­räumlichkeiten in Berndorf wurden vergrössert und in Wien (1856) eine Werkstätte zur Erzeugung von ver­schiedenen Tafelgeräthen vom kleinen Salznäpfchen angefangen bis zum grossen Tafelaufsätze errichtet, die rund 100 Gürtler, Metalldrucker und Spängler beschäftigte. Zur Erzeugung von Bestecken trat somit die Erzeugung von Hohlwaaren und Tafelgeräthen aller Art.

Als die Erfindung der galvanischen Versilberung und Vergoldung die Aufmerksamkeit der Techniker auf sich lenkte, erfasste die Fabriksleitung sofort die grosse Bedeutung des neuen Verfahrens für die Berndorfer Industrie. Sie führte dieses Verfahren im Jahre 1852 als erste Fabrik in Oesterreich ein und gab dem neuen Fabrikate die Qualitätsbezeichnung «Alpaccasilber», unter welchem Namen es sich bei dem verhältnismässig billigen Preise alsbald zahlreiche Abnehmer in den weiten Kreisen des Mittelstandes erwarb.

Dass Berndorfer Bestecke und Blechfabrikate von damals einen Weltruf sich erworben hatten, dafür spricht auch die Thatsache, dass sie auf nachstehenden Ausstellungen ausgezeichnet wurden: 1845 Wien, 1850 Leipzig, 1853 New-York silberne Medaillen; 1854 München grosse Medaille; 1855 Paris drei silberne Medaillen (I. Classe).

Auf den Ausstellungen der folgenden Jahre wurde das Fabrikat ausser Preisbewerbung gesetzt.

Der Bedarf an Rohmaterial, der mit Zunahme der Erzeugung immer grösser wurde, und die Schwierigkeit, sich genügende Mengen von Nickel in geeigneter Güte zu verschaffen, erregte schon frühzeitig den Wunsch, sich vom Zwischenhandel unabhängig zu machen. Berndorf erwarb deshalb im Jahre 1853 die Nickelhütte Losoncz in Ungarn und betheiligte sich an den Nickelgruben in Dobschau (1855). Als jedoch die reichen Nickelerzlager in Neucaledonien und später in Canada die Ausbeute der Gruben uneinträglich machten, wurden sie im Jahre

Die Gross-Industrie. II.

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