1880 aufgelassen. Der Preis des Nickels betrug in den Jahren 18431849 5-56 fl. das Wiener Pfund oder rund 10 fl. das Kilogramm und ging zu Anfang der Siebzigerjahre auf 5 fl. herab. Als das Deutsche Reich Scheidemünzen aus Nickel einführte, stieg der Preis vorübergehend auf i3 fl., sank jedoch in späteren Jahren wieder und hat heute einen Tiefstand von i - 6 fl. für das Kilogramm erreicht. Die zunehmende Vorliebe für Alpaccasilber und die damit steigende Nachfrage führten im Jahre 1866 zu einer abermaligen Vergrösserung der Fabrik. Für einen Theil der Besteckerzeugung wurde eine Dampfmaschine mit 25 HP, die erste, aufgestellt, wodurch sich die Leistungsfähigkeit der Fabrik bedeutend erhöhte. Dieser Fortschritt drückte sich darin aus, dass im Jahre 1869 die tägliche Erzeugung von Bestecken bereits auf 1000 Dutzend stieg, ein Ereignis, das die Fabriksleitung gemeinsam mit ihren Arbeitern feierte.

Das vermehrte eigene, sowie das Bedürfnis der übrigen Metalle verarbeitenden Industrien führte im Jahre 1869 zur Errichtung eines neuen und grösseren Walzwerkes für Pakfong- und Alpaccableche, das von einer Betriebsdampfmaschine von 200 IW betrieben wurde. Dieser Erweiterung entsprechend, wurde die Giesserei vergrössert, nachdem schon vorher (1868) für Zwecke des eigenen Betriebes eine Maschinreparaturwerkstätte eingerichtet worden war. In diesem Jahre übersiedelte ein Theil der Arbeiterschaft, der in den Wiener Werk­stätten beschäftigt war, nach Berndorf. Im Jahre 1873 wurde auch der restliche Theil nach Berndorf concentrirt und die Wiener Werkstätte aufgelöst.

Auch das nächste Jahrzehnt war dem Unternehmen günstig. Die erweiterte Besteckfabrik bedingte eine Vergrösserung der Schleiferei und führte zur Erwerbung der ehemaligen Spinnfabrik in Fahrafeld, einem von Berndorf eine Wegstunde entfernten Orte, und ihrer Umgestaltung in eine Schleiferei. Die Anlage enthielt 170 Schleifspindeln, beschäftigte ebenso viele Arbeiter und wurde durch eine Turbine von 3o HP bewegt, für die noch eine 50 IW-Dampfmaschine der früheren Spinnerei in Reserve stand. In dieselbe Zeit fällt die Erbauung einer eigenen Gasanstalt, die 500 Flammen speiste, eine Zahl, die sich inzwischen auf 1500 erhöht hat.

Alle Fortschritte auf dem Gebiete der Technik wurden aufmerksam verfolgt, um den Betrieb auf der Höhe der Zeit zu erhalten. Die Weltausstellung in Wien 1873 offenbarte die neuesten Erfindungen auf dem Gebiete der Elektrotechnik und war Veranlassung, dass ein Jahr darauf der für die galvanische Versilberung erforderliche elektrische Strom nicht, wie bisher, galvanischen Batterien entnommen, sondern in bedeutend ein­facherer und billigerer Weise durch eine Dynamomaschine erzeugt wurde. Zu diesem Zwecke wurde die auf der genannten Ausstellung prämiirte, von Gramme in Paris construirte erste derartige Maschine um den Preis von 7000 Francs (das Siebenfache des heutigen Preises für solche Maschinen) erworben. Gleichzeitig begann die Herstellung von Nickel und Kobalt auf nassem Wege und die Einführung einer Verbesserung im Walzen von Löffelwaare, welche die Leistungsfähigkeit der Fabrik auf täglich 1400 Dutzend Bestecke erhöhte. Wenige Jahre darauf, 1877, kam der lang ersehnte Plan einer Eisenbahnverbindung LeobersdorfSt. Pölten zur Ausführung, wodurch auch Berndorf in den Weltverkehr einbezogen wurde. Die Fabrik baute auf ihre eigenen Kosten ein Schleppgeleise zur Station Triestinghof, wodurch die Zufuhr von Rohmetall, Brenn- und anderen Hilfsstoffen, sowie die Abfuhr der Fabrikserzeugnisse ausserordentlich erleichtert und verbilligt wurde. Während früher aller Bedarf von der Südbahnstation Leobersdorf mittelst Fuhrwerk zugefrachtet werden musste, rollten von nun an die zur Erzeugung nothwendigen Stoffe direct vom Bestimmungsort in die Werkstätten von Berndorf. Der Ein- und Ausgangsverkehr auf diesem Schleppgeleise beträgt heute über 4600 Waggons pro Jahr, zu deren Fort­bewegung zwei eigene Fabrikslocomotiven in Dienst gestellt wurden.

War auch die telegraphische Verbindung von Berndorf mit seinen Niederlagen und den Privattelegraphen­stationen in Wien schon 1870 hergestellt worden, so machte sich der Mangel eines Postamtes in Berndorf immer mehr und mehr fühlbar. Den Verkehr der Fabrik mit dem Postamte in Leobersdorf vermittelte nämlich ein Stellfuhrinhaber, während Privatpersonen auf das drei Viertelstunden entfernte Postamt in Pottenstein angewiesen waren. Erst nachdem die Fabriksinhabung der Postverwaltung ein Haus zur Verfügung stellte, erlangte Berndorf im Jahre 1878 sein eigenes Postamt.

Im Jahre 1877 wurde ein weiterer Schritt nach vorwärts gethan, indem die Fabrik die Erzeugung von Bestecken aus Zinn mit einer Stahleinlage in Angriff nahm und dieses Product unter dem Namen «Zinnstahl» in allen Ländern einführte. Es war der Fabrik nicht schwer, das minderwerthige Fabrikat, das bis dahin vielfach aus dem Auslande bezogen wurde, zu verdrängen und sich jene Kundschaft zu gewinnen, die, weil weniger kauf­kräftig, dieses billigere Erzeugnis den theureren Pakfonglöffeln vorzog.

Am 25. Juli 1879 machte ein Herzschlag dem schaffensreichen Leben Hermann Krupps, des Begründers und «ersten Arbeiters» von Berndorf, ein Ende.

Die Fabrik wurde unter der seit 1868 geänderten Firmabezeichnung «Berndorfer Metallwaaren- fabrik Schoeller & Co.» weiter geführt, und an Stelle des Vaters trat der schon früher in der Leitung der Fabrik praktisch thätige Sohn Arthur Krupp, damals 23 Jahre alt. Die neuesten technischen Erfindungen, die besten und vollkommensten Maschinen wurden in den Dienst der Fabrication gestellt und für das Wohl der Ar­beiter zahlreiche Wohlfahrtseinrichtungen ins Leben gerufen

Berndorf war der erste Industriebetrieb in Oesterreich, welcher im Jahre 1881 die elektrische Beleuch­tung einführte. Im Jahre 1882 erfolgte die Erwerbung der Wr.-Neustädter Dampfmühle, in der, gleichwie in Fahrafeld, eine Schleiferei eingerichtet wurde. Als das Berndorfer Walzwerk nicht mehr genügte, wurde im Jahre i883 in Traisen bei Lilienfeld ein neues Werk erbaut, das wie Berndorf und Fahrafeld mit elektrischer

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